© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    47/02 15. November 2002

 
WIRTSCHAFT
Steuervermeidung heißt die Devise
Bernd-Thomas Ramb

Die neuste Steuerschätzung verheißt der Bundesregierung eine katastrophale Amtsperiode. Allein im laufenden Jahr liegt das Einnahmenvolumen des Staates um fast 15 Milliarden Euro unter dem Frühjahrsschätzwert. In den Jahren 2003 bis 2006 werden weitere Einnahmenausfälle in Höhe von insgesamt 31 Milliarden Euro vermutet. Dabei basieren diese Erwartungen auf einem baldigen Konjunkturaufschwung - frei nach dem Motto: Noch schlimmer kann es nicht kommen. Doch schon warnen die Forschungsinstitute vor einem weiteren Abschwung der wirtschaftlichen Tätigkeit in Deutschland. Die Faustregel, ein Prozentpunkt weniger Wachstum entspricht zehn Milliarden weniger Staatseinnahmen, schlägt dann nochmals hart zu.

Die Bundesregierung kann sich nicht schicksalsergeben auf äußere Umstände berufen, wenn ihr Haushalt immer stärker in die Neuverschuldung führt. Sie hat mehr als jede andere Regierung zuvor Schuld am Desaster der öffentlichen Haushalte. Wachstumsfeindliche Gesetze in der Steuer- und Finanzpolitik, aber auch eine total überzogene "Umweltpolitik", ekeln die Unternehmen aus Deutschland heraus. Wer bleibt, ob Unternehmer, ob Arbeitnehmer, verwendet immer mehr Zeit und Energie auf die Suche nach Steuererleichterungen und -vermeidungen. Der Vorwurf, als Steuerdrückeberger "Schlupflöcher" zu nutzen, zieht schon lange nicht mehr. Der pure Überlebenskampf steckt jetzt häufig dahinter. Aber nicht nur deswegen wird immer weniger Zeit in volkswirtschaftlich produktive Tätigkeiten investiert. Hinzu kommt verstärkt der freiwillige Verzicht auf grundsätzliche oder zusätzliche Einkommenserzielung. Am Ende droht das Abgleiten in die Minimalwirtschaft à la DDR.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen