© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    47/02 15. November 2002


Meldungen

Pressefreiheit nach Art des Presserates

WIESBADEN. Wann dürfen Journalisten Türken Türken nennen? Nach dem Kodex, den der Deutsche Presserat 1997 speziell für die Berichterstattung über Straftaten verfügt hat, ist dies fast ausgeschlossen. Verfügen die Richtlinien doch, die ethnische Zugehörigkeit von Verdächtigen nur dann zu erwähnen, wenn " für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründeter Sachbezug besteht". Wie sehr diese "Diskriminierungsverbot" genannte Umsetzung multikultureller Ideologie mit der Informations- und Äußerungsfreiheit kollidiert, untersucht in der jüngsten Ausgabe von "Publizistik" (Heft 3/02) Horst Pöttker, Professor am Institut für Journalistik an der Universität Dortmund. Nicht einmal in den USA, dem Mutterland der Political Correctness, wo es zwar keinen nationalen Presserat wie in der BRD, aber journalistische Verhaltenskodizes gebe, sei ein mit der deutschen Regel vergleichbares "konkretisiertes Verbot bestimmter Formulierungen" nachweisbar. Es sei abzusehen, daß diese Regel des Presserats einmal gesetzlich fixiert werden könne oder auf andere Weise die "Öffentlichkeitsaufgabe des Journalismus" noch weiter einschränke, was unvereinbar mit den Spielregeln liberaler Demokratie sei. Pöttker schlägt daher nach US-Vorbild eine "informelle", wohl nicht weniger problematische Kontrolle der Berichterstattung mittels stärkerer Berücksichtigung von Angehörigen der Minderheiten in Verlagen und Rundfunkanstalten vor.

 

Universität soll Zugang ohne Abitur ermöglichen

SIEGEN. Durch die Umwandelung der fünf nordrhein-westfälischen Gesamthochschulen zu Universitäten wird das Maturitätsprinzip im bevölkerungsreichsten Bundesland nun in Frage gestellt. Die Gesamthochschulen Wuppertal, Essen, Duisburg, Paderborn und Siegen haben bislang Fachabiturienten aufgenommen und möchten auf diese potentiellen Studenten auch zukünftig nicht verzichten. Die Fachabiturienten sollten lediglich mit einjährigen Brückenkursen auf das Universitätsstudium vorbereitet werden. Diese Forderung hat die Rektorin der Universität Siegen, Theodora Hantos, dem Landeswissenschaftsausschuß Nordrhein-Westfalen am 5. November unterbreitet. Im Zuge der Änderung am geplanten Hochschulgesetz soll der Ausschuß das Abitur dann nicht mehr zur Grundvoraussetzung für den Universitätsbesuch machen. Wegen der Gleichbehandlung müßte diese Möglichkeit danach jedoch auch allen anderen Universitäten in Nordrhein-Westfalen eröffnet werden.

 

Pisa offenbart Mängel an sozialer Kompetenz

DÜSSELDORF. Die Pisa-Studie offenbarte nicht nur eine mangelhafte Kompetenz deutscher Schüler im Lesen und Rechnen, sondern auch die ungenügende Fähigkeit, ihr theoretisches Wissen auf lebenspraktische Fragen und Probleme anzuwenden. Die Bildungsexperten Christoph Ehmann und Jürgen Walter setzen deshalb auf eine stärkere Verschränkung theoretischen und praktischen Lernens. Hierzu sei ein zeitweises Verlassen des "pädagogischen Schutzraumes" unverzichtbar. Schüler sollten beispielsweise Aufgaben in der Gemeinde übernehmen (Jugendfeuerwehr, soziale Dienste, Pflege- und Instandsetzungsarbeiten), aber auch frühzeitig die Möglichkeit bekommen, in Betrieben mitzuarbeiten. Im Unterricht angemessen thematisiert, wären diese praktischen Erfahrungen ein wichtiger Beitrag zur Erziehung verantwortungsbewußter Bürger (Gewerkschaftliche Monatshefte, Heft 9/2002).

 

Erste Sätze

"Wissen Sie etwas Näheres über die Bourignon?" fragte der Jüngere.

Walter Mehring: Paris in Brand, Berlin 1927


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