© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    48/02 22. November 2002


Karl-Heinz Grasser
Kärntner Joschka
von Gustaf Domberg

Hans Eichel muß vor Neid erblassen, wenn er auf sei-nen österreichischen Kollegen Karl-Heinz Grasser blickt. Im Gegensatz zu ihm wurde sein österreichischer Amtskollege bereits kurz nach seinem 31. Geburtstag auf diesen Posten katapultiert. Und während Eichel angesichts der Finanzkrise sicher nicht behaupten kann, beim Volke beliebt zu sein, gilt Grasser als der populärste Politiker Österreichs - trotz saftiger Gebühren- und Steuererhöhungen, um das angestrebte Null-Defizit zu erreichen.

Ein Teil dieser Popularität ist auf die Macht der Medien zurückzuführen. Insofern läßt sich der Kärntner mit Außenminister Joseph Fischer vergleichen, der trotz seiner umstrittenen Vergangenheit und oft unerträglicher Phrasendrescherei zum angeblichen Liebling der Nation hochgejubelt wurde. Beide - der "blaue" FPÖ-Mann und Haider-Adept Grasser und der grüne Fischer - wären ohne diese Medienmacht und ohne ein Publikum, dem die Aufmachung wichtiger ist als der Inhalt, niemals auf ihre jetzigen Positionen gelangt.

Allerdings gibt es einen Unterschied: Während der berufslose Fischer aus der unteren sozialen Etage stammt, wuchs Grasser, Jahrgang 1969, sorglos als Sohn eines Autohändlers für Nobelschlitten in Klagenfurt auf. Er studierte Betriebswirtschaftslehre an der nicht gerade als Eliteinstitution bekannten Uni Klagenfurt. 1992 wurde er Fraktionsmitarbeiter der FPÖ in Wien, nur ein Jahr später avancierte er zum Generalsekretär der Haider-Partei. 1994 - mit 25 Jahren - wurde er zum Landeshauptmann-Stellvertreter von Kärnten befördert. Damals gab es den ersten Krach mit seinem politischen Ziehvater Haider, zu dessen "Buberl-Partei" von Jungpolitikern Grasser zählte. Doch Haiders Jüngling stürzte nicht ab, ihm wurde ein hochdotierten Posten beim Magna-Konzern des austro-kanadischen Multimillionärs Frank Stronach zugeschanzt.

In die hohe Politik kehrte Grasser auf Veranlassung Haiders zurück, als der Landeshauptmann Kärtens und damals noch FPÖ-Chef Haider die schwarz-blaue Koalition mit der ÖVP schloß. Grasser erhielt im Februar 2000 das Finanzressort und erwies sich schon bald als Meister der Selbstdarstellung. Schon bald begann er sich diskret von Haider zu distanzieren. Das gipfelte vor wenigen Wochen in seinem spektakulären Rücktritt als Mitglied der "Dreier-Bande" Riess-Passer, Westenthaler, Grasser.

Zunächst hieß es, er gehe in die Privatindustrie. Aber kurz darauf landete er einen neuen Coup: Im Zuge des österreichischen Wahlkampfes verkündete Kanzler Schüssel, er werde den FPÖ-Mann Grasser ins ÖVP-"Kompetenzteam" aufnehmen und ihm erneut das Amt des Finanzministers anbieten. Die FPÖ tobte, der halb demontierte Haider sprach von "Verrat" - aber der Jüngling aus der Himmelpfortgasse (Sitz des Finanzministeriums in Wien) sprach vom Dienst an Österreich. Böse Zungen meinen: Für ihn war es ein Dienst an sich selber.


 
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