© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    48/02 22. November 2002

 
Gegen den Willen Gottes
Kirche segnet Homo-Ehe
Walther Heimdahl

In der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg können sich Homosexuelle, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, ab sofort in ihren Kirchengemeinden in einer Andacht segnen lassen. Das beschloß eine Mehrheit der 198 Mitglieder der Landessynode, die am vergangenen Wochenende in der Bartholomäuskirche in Berlin-Friedrichshain tagten.

Andachten mit Fürbitte und Segenszuspruch für Paare, die in einer eingetragenen, gleichgeschlechtlichen Partnerschaft leben, sind danach unter zwei Voraussetzungen möglich: Zum einen muß der Gemeindekirchenrat sich zuvor grundsätzlich für derartige Segnungen ausgesprochen haben, zum anderen darf auch der Seelsorger nichts gegen eine derartige Andacht einzuwenden haben.

Für manche Synodale freilich war in dieser Debatte bereits die Grenze des theologisch Möglichen weit überschritten: Die Röntgenassistentin Uta Nischik etwa erklärte vor den versammelten Kirchenparlamentariern, diesen Beschluß nicht mittragen zu können. Ihrem Verständnis der Bibel nach entspreche eine Segnung homosexueller Lebenspartner nicht dem Willen Gottes. Doch die aufrechte Christin stand mit ihrer Meinung fast allein auf weiter Flur. Die überwiegende Mehrzahl ihrer Brüder und Schwestern vor dem Herrn dachte wie der Wilmersdorfer Bezirksstadtrat für Jugend, Familie, Schule und Sport, Reinhard Naumann (SPD). Selbst bekennender Homosexueller und Landesvorsitzender der "Schwulen Sozialdemokraten", bezeichnete er den Synodalbeschluß als ein "Zeichen der Offenheit und Toleranz". Der Ansicht des sogenannten Familienexperten folgend, sollten Homosexuelle "nicht nur als ein Problem, sondern als eine Bereicherung der Kirche gesehen werden", Insgesamt stimmten nur 13 Synodale gegen den Beschluß, sieben enthielten sich der Stimme.

Landesbischof Wolfgang Huber bemühte sich angesichts solch unterschiedlicher Positionen um einen "Weg, den beide Parteien mitgehen können". Seiner Ansicht nach sei der Beschluß der Synode so gefaßt worden, daß es einen klaren Unterschied zwischen der Stellung von Ehe und Familie und von homosexuellen Lebenspartnerschaften gäbe. "Unter dieser Voraussetzung leisten wir einen Beitrag, Verläßlichkeit und Verantwortung zu stärken."

Ähnliches dachten am selben Wochenende offenbar auch die Synodalen der Evangelischen Kirche der Pfalz. Dort stimmten 44 Synodale für eine "öffentliche gottesdienstliche Begleitung mit Verkündigung, Fürbitte und Segen", 13 waren dagegen, sechs enthielten sich. In den nächsten Monaten sind in den meisten anderen Evangelischen Kirchen in Deutschland wohl ähnliche Beschlüsse zu erwarten.


 
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