© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    48/02 22. November 2002

 
Frisch gepresst

Kriegsverbrechen. Es gibt Aufgaben, vor denen man zu Beginn eigentlich schon kapitulieren muß, weil man am Ende kein befriedigendes Ergebnis erzielen kann und sich immer im Bruchstückhaften bescheiden muß. Dieser undankbaren Aufgabe haben sich die Herausgeber Franz Seidler und Alfred de Zayas ausgesetzt, indem sie schon vor Beginn ihres Projektes, "Kriegsverbrechen in Europa und dem Nahen Osten im 20. Jahrhundert" zusammenzutragen, wissen mußten, damit nur scheitern zu können und ihr Werk wegen fehlender Beispiele ein leichtes und dankbares Ziel von Kritikern sein wird. Nichtsdestotrotz gebührt dem emeritierten Militärhistoriker Seidler und dem amerikanischen Völkerrechtler de Zayas Respekt, vor der Sisyphos-Arbeit nicht zurückgeschreckt zu sein und anhand der 140 aufgeführten Fälle zumindest einen Überblick zu liefern, daß keine Nation eine "weiße Weste" vorweisen kann. Die 52 prominenten Beiträger orientieren sich bei ihren Beispielen an völkerrechtlichen Kategorien wie der Haager Landkriegsordnung und dem Genfer Abkommen, die abschließend vom Völkerrechtler an der Bundeswehr-Universität in München, Armin Steinkamm, kommentiert werden (Verlag Mittler & Sohn, Hamburg 2002, 380 Seiten, 49,90 Euro).

Gefährliche Altlasten. Über fast jeder deutschen Stadt schwebt das Damoklesschwert einer latenten Gefahr durch Kampfmittel und Rüstungsaltlasten des letzten Krieges, die oftmals als "Blindgänger" im Erdreich unter dichtbesiedeltem Gebiet langsam dahinrotten. Obwohl seit 55 Jahren sowohl behördlich als auch gewerblich mit Akribie Kampfmittelbeseitigung betrieben wird, dürfte in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch manche Bombe detonieren, deren Zünder durch Korrosion aktiviert wird. Somit arbeiten die Bombenräumer gegen eine immer schneller tickende Uhr. Der langjährige Feuerwerker Wolfgang Thamm stellt in seiner Dokumentation das bisher Geleistete dar: Millionen von Bomben, Granaten, Minen lauerten unter den Trümmern der Städte, der Fabriken, auf Feldern und Straßen, auf Seewegen und in Wäldern, deren gröbste Beseitigung eine Voraussetzung für den Wiederaufbau darstellte. Dabei forderten die verborgenen Waffen auch Jahre nach Kriegsende noch viele Opfer (55 Jahre Kampfmittelbeseitigung in der Bundesrepublik Deutschland. Biblio Verlag, Bissendorf 2002, 440 Seiten, 47 Euro).


 
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