© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    49/02 29. November 2002


Die Nato als Interpol
von Carl-Gustaf Ströhm

Kaliningrad ist ein Strick, der um den Hals Litauens gelegt wurde." So nahm Vytautas Landsbergis, Vater der Unabhängigkeit und erster nichtkommunistischer Staatspräsident Litauens dieser Tage zur Situation seines Landes Stellung. Landsbergis klang nicht ganz so optimistisch wie die offizielle litauische Politik, die gemeinsam mit den zwei anderen baltischen Staaten - Lettland und Estland - die Einladung zur Aufnahme in die Nato feierte.

Neben den drei kleinen baltischen "Tigern" werden vier weitere postkommunistische Staaten - Slowenien, die Slowakei, Rumänien und Bulgarien - eine offene Tür in das westlich Bündnis finden. Ein Blick auf die Landkarte zeigt, daß damit nicht zuletzt amerikanische strategische Wünsche erfüllt wurden: Gibt es doch nun zahlreiche Brückenbindungen. Jedoch weigerte sich Wladimir Putin, zum Prager Nato-Gipfel zu kommen - so mußte ihm Georg W. Bush in Petersburg zu erklären versuchen, warum das alles auch gut für Rußland sei.

Die Russen haben ihre Einstellung aber doch ein wenig geändert. Zwar halten sie die Osterweiterung des Bündnisses nach wie vor für überflüssig - aber sie signalisieren Zustimmung zur Nato unter einer Bedingung: daß diese sich aus einem Militärbündnis in eine Art Interpol zur Terrorismusbekämpfung verwandle. Sollte die Nato eines Tages Putin helfen, die "terroristischen" Tschetschenen niederzuhalten und die baltischen "Zwerge" zur Raison zu bringen, würde auch Putin zum Nato-Anhänger.


 
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