© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    49/02 29. November 2002

 
PRO&CONTRA
Vermögenssteuer wiedereinführen?
Lutz Dau / Michael Meister

Eine Steuerflucht infolge der notwendigen Einführung einer Vermögenssteuer ist vorweg schon einmal auszuschließen. Sie kann zwar immer eintreten, aber nicht explizit aus diesem Grund. Man muß bedenken, daß die Vermögenssteuer bis 1996 erhoben worden ist. Die Vermögen haben sich also trotz der Vermögenssteuer gebildet. Wenn man den Gedanken der Steuerflucht zu Ende denkt, bedeutet dies, das alle Millionäre, die es gibt, erst ab 1997 entstanden wären - da ja alle vorher ihren Wohnsitz ins Ausland verlegt hatten.

Ich gehe außerdem davon aus, daß wir in den neunziger Jahren eine höhere Staatsquote hatten. Es gibt keine Kontraproduktivität in punkto Steuerehrlichkeit: Hohe Steuerfreibeträge werden doch in die Pläne mit eingearbeitet. Wahrscheinlich können diejenigen, die selbst über diesen Beträgen liegen, sehr wohl und sehr gut die Steuer verkraften. Wer 600.000 Euro Vermögen besitzt, und auf den überschüssigen Wert ein Prozent Steuern entrichtet, dürfte wohl kaum deshalb das Land verlassen wollen. Deshalb gibt man nicht alle seine Sozialbindungen auf.

Der Grund dieser Initiative ist eigentlich die Verärgerung über Schröder, der behauptet hatte, daß sich die Reichen im Land verweigern würden und nicht ihr Scherflein zum Staat beitragen wollten. Eine Bedingung wäre jedoch, diese gewonnenen Steuereinnahmen eins zu eins der Bildung zugute kommen zu lassen. Es muß aus Finanzkapital Humankapital geschaffen werden. Ich sehe, daß der Staat kein Geld hat, um eine Bildungsreform durchzuführen.

Es ist für Vermögende wie für weniger Vermögende wichtig, daß dieses Land zukunftsfähig bleibt. Wenn man das Geld jedoch benutzt, um Patriotraketen zu kaufen, dann ist dem Staat nicht mehr zu helfen. Bildungsinvestitionen sind langfristige Investitionen, die unbedingt in Deutschland bleiben müssen.

 

Dr. Lutz Dau ist Gutachter für Grundstücke und Mieten in Hamburg.

 

 

Die Steuer- und Abgabenerhöhungsorgie unter Rot-Grün nach der Bundestagswahl nimmt kein Ende. Dabei sind Steuererhöhungen jetzt das falscheste Signal überhaupt. Die ohnehin danieder liegende Investitions- und Konsumbereitschaft wird durch die Wiedereinführung der Vermögenssteuer weiter abgewürgt. Die Vermögenssteuer wirkt als sogenannte "Sandwich"-Steuer als Belastung für den Mittelbau unserer Gesellschaft.

Wie der Sachverständigenrat und die EU-Kommission vergangene Woche bestätigt haben, ist Deutschland in 2002 Wachstums- und Verschuldungsschlußlicht in Europa. Nachhaltige Reformen sind dringend erforderlich.

Statt dessen verliert sich Rot-Grün auf der verzweifelten Suche nach weiteren Einnahmenerhöhungen. Dabei ist die Ertragssteuerbelastung bereits heute viel zu hoch. Wenn jetzt Rot-Grün darüber hinaus über die Bundesländer die konjunkturschädliche Vermögenssteuer, eine ertragsunabhängige Substanzsteuer und Zusatzsteuer auf die Erträge wieder einführt und Bürgern und der Wirtschaft dadurch weitere sieben bis acht Milliarden Euro entzieht, ist dies der finanzpolitische Offenbarungseid. Durch diese Substanzsteuer schwindet die Ertragskraft der Unternehmen weiter, die Investitionen sinken. Das Eigenkapital mittelständischer Unternehmen wird geschwächt.

Mittelständische Betriebe müssen in einer konjunkturell schwierigen Zeit durch die gewinnunabhängige Vermögenssteuer weiter tief in ihre Substanz greifen. Ein weiterer Arbeitsplatzabbau ist die unvermeidliche Folge.

Der Kapitalmarkt und der private Vermögensaufbau werden nachhaltig geschädigt. Und dies in einer Zeit, in der immer wieder an die Notwendigkeit der privaten Vorsorge erinnert wird. Zu der neu geplanten Wertzuwachssteuer soll nun auch noch die Vermögenssteuer hinzutreten, um die privaten Ersparnisse, die aus versteuertem Einkommen gebildet sind, durch den Staat weiter anzuzapfen.

 

Dr. Michael Meister ist Bundestagsabgeordneter der CDU und finanzpolitischer Sprecher der Unionsfraktion.


 
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