© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    49/02 29. November 2002

 
"Europa wird christlich sein oder es wird gar nicht sein"
Zum 90. Geburtstag Otto von Habsburgs erschienen fast gleichzeitig zwei Biographien über den Sohn des letzten Herrschers von Österreich-Ungarn
Albert Pethö

Zwei eben erschienene Biographien erfreuen den Abendländer, beide dem Grandseigneur der Politik Europas gewidmet, Otto von Habsburg, Erzherzog von Österreich. Die erste stammt von der Leiterin des Habsburgischen Sekretariates, Eva Demmerle und dem Journalisten und Theologen Stephan Baier und wirbt damit, die "einzige authorisierte" Biographie zu sein. Die andere Biographie hat der britische Journalist und Historiker Gordon Brook-Shepherd verfaßt, der sich seit seiner Zeit als Offizier im alliierten Hochkommissariat in Wien mit Österreich befaßt.

Wann immer Jahrzehnte politischen Wirkens der Habsburger drohten, sich wirkmächtig zu entfalten, sah er sich haßerfüllter schärfster Hetze und sogar Rufmord gegenübergestellt. Beide Bücher widmen sich daher, einander ergänzend, einem abwechslungsreichen und sogar abenteuerlichen Leben mit einer turbulenten Kindheit und Jugend während und nach dem Ersten Weltkrieg, der historischen Herausforderung einer durchaus möglichen Restauration in Österreich - und dem Nationalsozialismus. Ausführlich wird die Zeit nach 1945 berücksichtigt, in welcher Europa sich unter kommunistischer Bedrohung konsolidierte, jedoch auch eine Entwicklung nahm, vor welcher v. Habsburg mit den Worten warnte: "Europa wird christlich sein oder es wird gar nicht sein".

In vielem war und ist der alte Herr von prophetischer Weitsicht: etwa in bezug auf die Fragwürdigkeiten einer Appeasement-Politik gegenüber totalitärem Unrecht oder auf die Teilung Europas nach Jalta (von der Linken lange als unantastbar erklärt); in bezug auf die Bedeutung des abendlichen Reichsgedankens für die Gegenwart oder auf eine europäische Ordnung, die nicht nur Wirtschaft sehen, sondern Tradition und Bauerntum bewahren, sich föderativ gliedern (daher die Affinität zu Charles de Gaulle und dessen "Europa der Vaterländer") und die Kirche respektieren soll.

Weder v. Habsburgs Bestrebungen einer Restauration waren unrealistisch oder gar legitim; noch war sein Agieren im Exil "kontraproduktiv" oder "sein Verhalten gegenüber Österreich" nach 1945 "ungeschickt". Seine Fehler liegen gewiß auch nicht in den zahlreichen politischen "Unkorrektheiten", welcher er sich im Laufe eines langen Lebens "schuldig" gemacht hat: sein Katholizismus, sein Antikommunismus, sein konsequentes Auftreten gegen die Abtreibung, die Kommentierung seiner "Verzichtserkärung" als aberpreßt, seine Sympathien für General Franco und seine Kandidatur für die CSU des Franz-Josef Strauß. Faszinierend werden die Details des politischen Kampfes beschrieben, so in den dreißiger und vierziger Jahren, als es um politisch effektive Vertretung und Organisation der österreichischen Interessen, die Zeit im Exil und später die Intrigen gegen die Rückkehr v. Habsburgs nach Österreich ging. Die Konstanten antihabsburgischer Affekte werden deutlich und können Politikern wie Edward Benes oder den Exponenten des Austro-Sozialismus zugeordnet werden. Die Biographien zeigen uns ein Leben voller Niederlagen - und doch auch subtiler Erfolge. Seine vielfach bestrittenen Verdienste für Österreich sind enorm. Die Abneigung galt nicht nur seiner Person; Otto von Habsburg wurde und wird als Verfechter eines Katholischen Gesellschaftsentwurfes angefeindet, so wie Dollfuß, Franco, Papst Pius XII. Sein lebenslanger Widerstand war der des Katholiken gegen die Anmaßungen einer von Irrlehren gekennzeichneten Zeit, die sich fälschlich für human hält; sein Konservatismus verweist uns auf der Bewahrung der Lebensgrundlagen. Er hat ihn bis heute nicht aufgegeben.

Stephan Baier und Eva Demmerle: Otto von Habsburg. Biographie. Amalthea Verlag, Wien 2002, 576 Seiten, Abb., 34,90 Euro

Gordon Brook-Shepard: Otto von Habsburg. Biographie. Aus dem Englischen übersetzt. Styria Verlag, Graz 2002, 360 Seiten, Abb., 28 Euro

Albert von Pethö war von 1986 bis 1988 politischer Sekretär Karl von Habsburgs. Er ist Herausgeber der katholisch-konservativen Zeitschrift "Weiße Rose" aus Wien.


 
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