© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 49/02 29. November 2002 |
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Kinderserien: "SpongeBob Schwammkopf" ist der allerletzte Schrei Schwamm drüber Wolfgang Scheidt Er ist der Anti-Bart-Simpson, auch wenn seine optimistische Persönlichkeit durchaus ähnlich gelagert ist", urteilt das renommierte Time Magazine. Die Hollywood-Größe Bruce Willis soll derart von dem ungestümen TV-Ungetüm becirct gewesen sein, daß er spontan als Gaststar zusagte. Bei der Sesamstraße? Der Muppets-Show? Nein, gemeint ist: SpongeBob, zu deutsch: Schwammkopf. Können rund siebzehn Millionen Amerikaner irren, die den angeblich surreal-subtilen Trickfilm-Antihelden SpongeBob im vergangenen Sommer zum US-Cartoon-King vor den beliebten "Rugrats" machten? Jedenfalls treibt der lebensfrohe Ananasbewohner Mr. SpongeBob höchstselbst seit Ende August montags bis freitags um 19.45 Uhr sein Unwesen im Kinderprogramm von Super RTL. Die Programmdirektorin Susanne Schosser bejubelt einen "großen Fang", der ihrem Spartenkanal ins Quoten-Netz gegangen sei. Im Zeitraum vom 26. August bis 15. November saßen durchschnittlich 0,85 Millionen Zuschauer ab 3 Jahren vor dem Bildschirm. Während SpongeBob bei der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49jährigen nur einen Marktanteil von 2,8 Prozent erreichte, ist er bei den drei bis 13-jährigen Kids absoluter Kult: Jedes dritte Kind dieser Altersstufe, das zu dieser Zeit fernsieht, entscheidet sich für den Schwammkopf. Tendenziell sehen ihn Jungen noch lieber als Mädchen. Bis zum 21. April 2003 werden die kleinen Krakeler noch ihre Eltern nerven, die vielleicht lieber die Tagesschau sehen würden, als den eigentümlichen Kinderhelden. Stutzig macht auch die Bemerkung des für den allabendlichen Eltern-Kind-Zwist verantwortlichen SpongeBob-Produzenten Kevin Kay: "Die Serie feiert ihre eigene Dusseligkeit, und das allein ist der Charme." Machen wir also den Schwammkopf-Charme-Test. "Schwammkopf, Schwammkopf", gröhlt der Sänger im Refrain der
Titelmelodie - bei einem derartigen Akustik-Attentat wünscht man sich Karel
Gotts "Biene Maja"-Song oder Udo Jürgens "Pinocchio"-Lied ins Ohr. Los
geht's mit einem Erwachsenen, der im billigen Faschings-Piraten-Look mit einer
Papageien-Marionette kommuniziert. Schwupps, schon fliegt der "rote Kosar"
im Baron-Münchhausen-Stil auf einer Kanonenkugel durch die Luft, warum,
weshalb, wieso interessiert hier wohl keinen. Dann folgt der große Moment,
meine Damen und Herren, eine Bildtafel kündigt den bei den Heranwachsenden
legendären Cartoon-Megastar SpongeBob an. Was für ein Schock, als er ins
Bildschirmlicht tritt, der Gute sieht ja aus wie eine zerknüllte
Corne-Flakes-Packung, ein schimmliger Schweizer Käse fungiert als Schwammkopf.
Zusammen mit der Hausschnecke Gary lebt der arme Dreikäsehoch in einer
vollmöblierten Zwei-Zimmer-Ananas in der pazifischen Unterwasserstadt "Bikini
Bottom" vor den Ufern Hawais. Seinen Lebensunterhalt verdient SpongeBob im
Schnellrestaurant "Krosse Krabbe", wo er den Titel "Mitarbeiter des Monats"
anstrebt. Man hört schon den quengelnden Quälgeist im Ohr: "Papi, wann geh'n
wir wieder zum Hamburger-Essen?" Natürlich sind Ähnlichkeiten zu real
existierenden Schnellimbißketten rein zufällig und wären, falls doch
vorhanden, "Wir wollten etwas Absurdes und Surreales machen", verrät Stephan
Hillenburg, der Erfinder der amerikanischen Kultserie. Der ausgebildete
Meeresbiologe hat sich von der kalifornischen Meeresforschungsanlage von Dana
Point inspirieren lassen. "Es dämmerte mir, daß es dort eine ganze Reihe
kleiner Tiere gab, die noch kein Mensch je animiert hat", erklärt Hillenburg
sein Erfolgs- Also faßt der Kritiker, sein Kopf gleicht nach soviel Blödsinn schon einem Schwamm, all seinen Mut zusammen, blickt SpongeBob tief in seine schwülstigen Kulleraugen und sagt ihm, wie es ist: "Ich, äh, hab's vergessen." Ist vielleicht auch besser so. |