© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    50/02 06. Dezember 2002

 
Geschwister-Scholl-Preis an Raul Hilberg verliehen

MÜNCHEN. Der Autor und Wissenschaftler Raul Hilberg hat am Montag in der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität den mit 10.000 Euro dotierten Geschwister-Scholl-Preis für sein Buch "Die Quellen des Holocaust" erhalten. Die Laudatio hielt der Historiker Hans Mommsen. Die Jury begründete die Vergabe damit, daß das Buch zu einem enormen Lebenswerk gehöre, das der Erforschung des europäischen Judenmords galt und die Grundlagen für alle spätere Befassung mit diesem Thema legte.

Raul Hilberg wurde 1926 in Wien geboren und emigrierte mit seinen Eltern 1939 in die USA. 1945 kehrte er als amerikanischer Soldat nach Deutschland zurück und entdeckte in München die in Kisten verpackte Privatbibliothek Hitlers. Dieses Erlebnis steht Hilbergs eigenen Angaben zufolge am Beginn einer lebenslangen Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus. 1948 nahm er als Mitarbeiter des US-Justizministeriums an den Nürnberger Prozessen teil. 1961 veröffentlichte Raul Hilberg sein Buch "Die Vernichtung der europäischen Juden", das heute als Standardwerk gilt. Im S. Fischer Verlag legte er 1994 seine Autobiographie "Unerbetene Erinnerung. Der Weg eines Holocaust-Forschers" vor. Raul Hilberg lebt heute im US-Bundesstaat Vermont.

Mit dem vom Verband Bayerischer Verlage und Buchhandlungen und der Stadt München 1980 gestifteten Geschwister-Scholl-Preis soll jährlich ein Buch ausgezeichnet werden, das von geistiger Unabhängigkeit zeugt und geeignet ist, dem Gegenwartsbewußtsein wichtige Impulse zu geben. Zu den früheren Preisträgern gehören unter anderem Rolf Hochhuth, Reiner Kunze und Christa Wolf. Im vorigen Jahr erhielt der amerikanische Autor und Psychotherapeut Arno Gruen die Auszeichnung.


 
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