© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    04/03 17. Januar 2003

 
"Warschau und Rotterdam waren sehr wohl verteidigte Städte"
Bombenkrieg gegen Deutschland: Reaktionen von Lesern der JUNGEN FREIHEIT auf den Offenen Brief des englischen Schriftstellers Frederick Forsyth

Diskussionsstoff

Im zweiten Teil seines Offenen Briefes spricht Herr Forsyth von der "Zerstörung der unverteidigten Städte Warschau und Rotterdam" im Auftrage Hitlers. Mir ist bekannt, daß beide Städte sehr wohl verteidigt waren und daß beide wiederholt ultimativ zur Übergabe aufgefordert wurden.

Der französische Luftattaché in Warschau, General Armengaud, erklärte in seinem späteren Bericht zum Luftangriff auf die Stadt: "Die deutsche Luftwaffe hat nicht die Bevölkerung angegriffen. Ich muß unterstreichen, daß sie nach den Kriegsgesetzen gehandelt hat. Es ist wichtig, daß man das in Frankreich und England erfährt, damit keine Repressalien unternommen werden, wo kein Grund hierzu besteht."

Herr Forsyth gebührt Anerkennung für sein Bemühen, mittels seines Offenen Briefes eine weitere Brücke gegenseitigen Verständnisses zwischen Engländern und Deutschen schlagen zu wollen. Der JF sei für die Veröffentlichung des Briefes gedankt, so daß man über ihn diskutieren kann.

Wolfdietrich von Wurmb, Uchte

 

 

Märchenerzähler

Mister Frederick Forsyth ist also nicht nur ein bekannter Krimiautor, sondern ganz offensichtlich auch ein begnadeter Märchenerzähler. An Lüge grenzt es, wenn Forsyth meint, daß es "damals noch keine sogenannten intelligenten Bomben gegeben habe, die ihr Ziel selbständig finden". Für die Bomben selbst als Explosivkörper mag das wohl zutreffen; für die Flugzeuge kann das aber nicht als Entschuldigung akzeptiert werden. In meiner Berufstätigkeit war ich Ende der fünfziger Jahre mit Flugsicherungsanlagen beschäftigt und mußte bei dieser Gelegenheit auch englische Fachliteratur übersetzen. Ich kann mich noch genau an einen Aufsatz erinnern, in dem damals ein britischer Ingenieur geschrieben hatte, daß man in Großbritannien schon 1943 in der Lage gewesen sei, ein Flugzeug von der Insel aus mit Hilfe eines Funkleitstrahles bis auf 300 Meter genau an ein bestimmtes Ziel hinzuführen. Ich wüßte nicht, warum dieser Mann gelogen haben sollte? Bei den großen nächtlichen Flächenbombardements auf die deutschen Wohnviertel war ein derart genauer Leitstrahl natürlich überflüssig, und deshalb haben die Briten wahrscheinlich auch nur in bestimmten Ausnahmefällen von dieser Erfindung Gebrauch gemacht.

Alles in allem also ein Lügenmärchen von Frederick Forsyth, mit dem er aber den Massenmord an mehr als einer halben Million deutscher Zivilisten nicht "relativieren" oder entschuldigen kann. Erstaunlich ist allerdings, daß die Verantwortlichen (Churchill, Harris, Roosevelt, Truman, Eisenhower), nach den von ihnen selbst aufgestellten Regeln, nicht als Kriegsverbrecher verurteilt wurden. Übrigens hat auch Forsyth großes Glück, daß er zu den siegreichen Briten gehört. Wenn er nämlich als besiegter Deutscher versuchen wollte, die Kollektivschuld seines Volkes zu verharmlosen, würde er abgestempelt als unverbesserlicher, ewiggestriger, nationalistischer, rechtsradikaler Extremist. Dann müßte sich nämlich der Verfassungsschutz für ihn interessieren und er könnte seine Karriere als Krimiautor vergessen.

Eugen Schumm, Bamberg

 

 

Unverschämtheit

Es ist eine Unverschämtheit in dem Offenen Brief von Frederick Forsyth lesen zu müssen, wie sehr der Verfasser des Briefes gesicherte Erkenntnisse über den Luftkrieg ignoriert. Diese historische Unwahrheit ist längst widerlegt. Bereits 1918 war die Royal Air Force als selbständige Waffengattung aufgestellt worden mit dem Ziel, in einem zukünftigen Krieg die Entscheidung durch Terrorisierung der Zivilbevölkerung des Feindes herbeizuführen. Man wollte die starken Verluste, die in den Materialschlachten, die in Frankreich zu beklagen waren, vermeiden. So wurde die RAF durch Entscheidung des britischen Kriegskabinetts vom 14. Februar 1942 angewiesen, ihre Luftangriffe "auf die Moral der feindlichen Zivilbevölkerung und insbesondere die der Industriearbeiter" zu konzentrieren. 

Dr. Herbert Bolte, Wietze

 

 

Noch gibt es Zeitzeugen

Herr Forsyth ist wohl der Meinung, daß es keine Zeitzeugen mehr in Deutschland gibt, sonst hätte er einen derartigen Artikel nicht schreiben können. Schon allein seine Aussage "Im Herbst 1940 wurde London von der Luftwaffe eingeebnet" ist so nicht haltbar. Ich möchte auch hier gar nicht zu ergründen versuchen, wer was angefangen hat. Empfehlen kann ich einmal das Buch von Prof. Bavendamm, "Roosevelts Krieg 1937 bis 1945" und darüber hinaus "Der Tod sprach polnisch" über den Blutsonntag in Bromberg an der deutschen Bevölkerung, bevor deutsche Truppen in Polen einmarschierten. Soweit, so gut. Wenn nun Herr Forsyth schreibt, daß die armen Flugzeugführer ja in der Nacht nicht sehen konnten, wohin sie ihre Bomben warfen, so sagt er bewußt die Unwahrheit oder er hat nicht genügend recherchiert. Bevor die Flieger ihre Bomben über die deutschen Städte abwarfen, flogen Maschinen voraus und setzten die sogenannten "Tannenbäume". Es war dann taghell. Aber ich erlebte genügend Tagangriffe, in Stettin, in Berlin und an der Ostsee in Peenemünde. Es war ein strahlender Sommertag im Juli 1944, als die Bomberverbände sich auf Peenemünde zubewegten. Man hätte eine Maus auf der Erde sehen können. Die Bomber zerstörten aber nicht die Anlagen von Peenemünde - die wollten sie ja gern nach dem Krieg als Reparationskosten für sich in Anspruch nehmen -, sondern warfen ihre Bomben auf die sich in die Ostsee geflüchteten Angestellten und bewarfen sie mit Phosphor.

Gerda Wittuhn, Hamburg

 

 

Totaler Krieg

Forsyth will Verständnis für den Bombenkrieg seines Landes gegen die deutsche Zivilbevölkerung wecken. Aber er macht es sich sehr einfach, indem er Hitler zum Alleinschuldigen stempelt. Alles andere ist dann einfach eine Folge davon. Insofern enthält sein Brief nichts Neues, sondern wiederholt die Legende von der Alleinschuld Hitlers und Deutschlands am Zweiten Weltkrieg.

Forsyth meditiert in diesem Zusammenhang über den totalen Krieg, von dem man sich vor 100 Jahren noch nichts träumen ließ. Aber Vorsicht! War die englische Hungerblockade im Ersten Weltkrieg, die sich umstandslos auch gegen Frauen und Kinder richtete, kein totaler Krieg?

Forsyth geht nicht darauf ein, warum am 13. und 14. Februar 1945, als der Krieg schon entschieden war, die unverteidigte Stadt Dresden verwüstet wurde und 35.000 bis 135.000 Zivilisten getötet wurden. Oder warum am 15. April 1945 auf Potsdam 1.751 Tonnen Sprengbomben abgeworfen wurden und 5.000 Tote unter der Zivilbevölkerung zu verzeichnen waren. So erreicht der Brief Forsyths, der in den Tatsachenbehauptungen falsch ist und lediglich alte Märchen wiederholt, nur Stammtischniveau. Sein Appell, dafür zu sorgen, daß so etwas nie wieder geschehen kann, sollte besser an Mr. Blair gerichtet sein, damit es nicht schon wieder geschieht, wenn auch nicht in Dresden, so doch in Bagdad. 

Herbert Bath, Berlin

 

 

Propagandalüge

Hier wurden längst widerlegte Propagandalügen mit einer Dreistigkeit sondergleichen hingeworfen. Meine Heimatstadt Heilbronn/Neckar zum Beispiel, seinerzeit ein Mittelstädtchen ohne auch nur ein Flakgeschütz, ohne Soldaten, aber mit Lazaretten, wurde am Abend des 4. Dezember 1944 von englischen Bombern sehr präzise nur in der Innenstadt, wo sich keine Industrie, aber viele Frauen und Kinder in den Fachwerkhäusern befanden, ausgelöscht. Die Industrie blieb unversehrt! Über 7.000 Frauen und Kinder wurden lebendig verbrannt, darunter über 1.000 Kinder unter zehn Jahren und 500 schwerverwundete Wehrmachtssoldaten im Lazarett. Wo ist da ein Unterschied zum mordenden, plündernden, schändenden und mordbrennenden Abschaum der Roten Armee? Die Engländer machten sich "die Hände nicht schmutzig".

Und mittlerweile stehen wir unmittelbar vor einem verbrecherischen Angriffskrieg der USA (oder auch zweien gleichzeitig), der propagandistisch vorbereitet wird, nach dem Motto: Wer siegt, hat recht und schreibt die Geschichte; wer verliert, ist Verbrecher durch und durch. Wir wissen es, nicht erst seit Herrn Forsyths wundersamen "Geschichtsunterricht".

Hansjürgen Auwärter, Bad Wimpfen

 

 

Suche nach Erklärungen

Ein wenig befremdend ist dieser Beitrag schon. Aber trotzdem, es ist verständlich und legal, daß Forsyth die Sache aus seiner Sicht sieht und nach Erklärungen und Entschuldigungen sucht. Nicht statthaft ist es dagegen, einfach und schlicht die Unwahrheit zu verkünden: "Das Karnickel hat angefangen". Den Bombenkrieg haben ganz eindeutig die Briten angefangen und zwar im Frühjahr (März/April) 1940, als die Deutschen Frankreich noch nicht erobert hatten und die britische Luftwaffe Deutschland angeblich noch nicht erreichen konnte. Kann man es verdenken, daß die deutsche Luftwaffe versuchte, zurückzuschlagen und zwar am wirkungsvollsten auf die Industriestadt Coventry und die Industrieanlagen von London?

Ferner: Warschau und Rotterdam waren zweifellos verteidigte Städte im Kriegsgebiet, die zunächst nicht zur Übergabe bereit waren und entsprechende Kampfschäden davontrugen. Dabei wäre zu fragen, warum wurden in ganz Deutschland "unverteidigte" Städte angegriffen wurden?

Karl Schönberg, Sinzig

 

 

Falsche Grundlage

Wenn Frederick Forsyth in seinem Offenen Brief behauptet, daß die ersten Bomben auf die Zivilbevölkerung von England von deutschen Flugzeugen geworfen worden seien und England sich nur revanchiert habe, dann ist das schlicht unwahr. Das Gegenteil ist der Fall. Beweis: Leitartikel in der Chicago Tribune des Journalisten George Morgenstern. Hier ist in der Ausgabe vom 8. Dezember 1953 nachlesbar:

"...Die britische Propaganda hat sich eifrig bemüht, die Schuld am Beginn des Luftterrors den Deutschen zuzuschieben, die Beweise für das Gegenteil liegen auf der Hand." Das gehört unseren Politikern ins Stammbuch geschrieben. Wer aber sechs Jahrzehnte lang nur die Schuld der Deutschen predigt, dem dürfte es schwer fallen, sich umzuorientieren, zumal er dann ja eingestehen müßte, die deutsche Nachkriegspolitik auf einer falschen Grundlage aufgebaut zu haben.

Friedrich Kurreck, Offenbach

 

 

Romanschreiber

Hätte Forsyth sich doch erst mal bei seinen Landsleuten informiert. Zum Beispiel bei dem international anerkannten Militärhistoriker Major Liddell Hart. Dieser schreibt in seinem 1970 erschienenen Buch "History of the Second World War", 6. Deutsche Auflage im Fourier Verlag, Wiesbaden, 1985, deutscher Titel "Geschichte des Zweiten Weltkrieges", Seite 137: "Ein weiteres Kennzeichen des neuen Planes waren intensive Angriffe auf Flugplätze und Anlagen der R.A.F. im Raum London - und das führte zu den unbeabsichtigten Bombenabwürfen auf die britische Hauptstadt. In der Nacht des 24. August 1940 warfen zehn deutsche Bomber, die sich auf dem Flug nach Bombenzielen bei Rochester und Thameshaven verflogen hatten, ihre Lasten auf das Zentrum Londons ab. Dieses Versehen löste in der nächsten Nacht einen Vergeltungsangriff auf Berlin aus, der von 80 britischen Bombern durchgeführt wurde, und diesem Angriff folgten noch weitere, was Hitler nach einigen Warnungen, die ignoriert wurden, veranlaßte, Vergeltungsangriffe auf London zu befehlen." Herr Forsyth schreibt phantastische Romane. Dabei sollte er bleiben. Die Geschichte aber sollte er den Fachleuten überlassen. 

Axel Lauriolle, per E-Post

 

 

Kriegsverbrechen

Der Versuch, Verständnis für den Bombenterror der Alliierten im Zweiten Weltkrieg gegen das deutsche Volk zu wecken, zeigt, wie schwer sich die Alliierten tun, mit eigenen Kriegsverbrechen umzugehen. Man wirft uns Nachkommen der deutschen Kriegsgeneration, die wir uns versuchen, sachlich mit unserer militärhistorischen Vergangenheit auseinanderzusetzen, immer wieder vor, wir würden aufrechnen, wenn wir die Verbrechen und Kriegsverbrechen der Alliierten darstellen oder hierüber in den gesamtheitlichen Zusammenhängen diskutieren. Genau das versucht Forsyth für die alliierte Sichtweise, indem er bezüglich des aufgenommenen alliierten Bombenterrors Hitlers, Rotterdam und Warschau als vorhergehende deutsche Auslöser hinstellt. Fakt ist, daß der grundlegende Auslöser des Zweiten Weltkrieges das Deutschland auferlegte Versailler Diktat war und es Zeit ist, daß hierüber in unserem Land offen berichtet wird. Es ist wohl auch unbestreitbar, daß Hitler, Churchill, Roosevelt und Stalin Kriegstreiber und Kriegsverbrecher ihrer Zeit waren und es ist unbestreitbar, daß es auch Kriegsverbrechen durch alle kriegsführenden Nationen gab. Auf alliierter Seite war eines dieser Kriegsverbrechen der in Dimensionen kaum zu vergleichende Bombenterror gegen Deutschland. Dies ist unentschuldbar, und es ist notwendig, dies nicht weiter zu tabuisieren, doch schließe ich mich Forsyths abschließenden Worten an und sehe als gemeinsame Arbeit und Ziel die "Versöhnung über den Gräbern des schrecklichen Zweiten Weltkrieges."

Rolf Kiesel, Uetze

 

 

Unwahre Behauptung

Die ständige Wiederholung selbst einer unwahren Behauptung stößt nicht etwa ab, viel schlimmer: das bloße Wiederholen genügt, um Glaubwürdigkeit auszulösen und Sympathie. Eine der berühmt-berüchtigtsten Wiederholungen der Geschichte ist die unwahre Behauptung, Hitler habe mit dem Bombenterror begonnen.

"Doch die Tatsachen sind unanfechtbar", schrieb der britische Historiker Peter H. Nicoll in seinem Werk "Englands Krieg gegen Deutschland, Ursache, Methoden und Folgen des Zweiten Weltkriegs", Seite 288. Niemals haben Deutsche in Polen eine "offene Stadt" bombardiert.

Der englische Historiker David Irving schreibt in seinem Buch "Goebbels" auf Seite 329: "Die Polen leisteten jedoch in Warschau durch hinhaltende Verteidigung einen heldenhaften Widerstand. Der Stadtkommandant rief die Bevölkerung zu den Waffen und forderte sie auf, jedes Kampfmittel anzuwenden." Am 16. September ließ Goebbels Rom wissen, daß die Wehrmacht ein Ultimatum stellen und Warschau nötigenfalls bombardieren würde. "Es wird sich über uns eine Flut von Protesten und Verleumdungen aus London und Paris ergießen", sagte Goebbels voraus. "Wir bitten um die Unterstützung der italienischen Presse und Propaganda."

Dr. Ulrich Hempel, Hamburg

 

 

Desinformation

In seinem Versuch, die Luftkriegsverbrechen von Churchill und Bomber-Harris zu rechtfertigen, greift der Romanautor Frederick Forsyth zu altbekannter historischer Desinformation. Er beschuldigt Hitler, als erster im Luftkrieg "die Netze des Todes" ausgeworfen zu haben. Zur Richtigstellung: James Spaight, Unterstaatssekretär der Churchill-Regierung und erste britische Autorität auf dem Gebiet der Luftkriegsführung, schrieb 1944 in seinem Buch "Bombing Vindicated": "Wir begannen, Städteziele in Deutschland zu bombardieren, ehe dies die Deutschen in England taten. Das ist eine historische Tatsache, die auch öffentlich zugegeben worden ist. Wir brachten London zum Opfer dar, denn die Vergeltung war gewiß. Deutschland bemühte sich um ein Stillhalteabkommen im Bombenkrieg, so oft sich die leiseste Chance zu bieten schien."

Die Bombardierung von Wohngebieten war auch kein "Fehler" aufgrund schlechter Zielmöglichkeiten, sondern von Churchill schon am Ende des Ersten Weltkrieges eiskalt als "area bombing" zur Terrorisierung der Zivilbevölkerung entwickelt worden

Friedrich Karl Pohl, Lüneburg

 

 

Luftterror

Als im Herbst 1940 London angegriffen wurde, waren bereits Monate mit wahllos von der RAF bombardierten deutschen Städten vorausgegangen. Es war gar nicht nötig, den britischen Piloten den Auftrag zur Tötung deutscher Zivilisten zu geben; sie hatten keine andere Möglichkeit, schon weil ihnen genaueres Zielen nicht möglich war. Die RAF war von ihrer Struktur her als strategische Waffe ausgelegt und verfügte nicht über Einrichtungen zur Zielgenauigkeit wie zum Beispiel Funknavigation. Hinzu kommt, daß die RAF fast ausnahmslos nachts angriff. Die Luftwaffe hingegen war eine taktische Waffe und verfügte über die Möglichkeit des genaueren Zielens (Funknavigation, Sturzkampfbomber). Schon aus "Wirtschaftlichkeit" hat die Luftwaffe hauptsächlich bis 1944 nur militärische Ziele bzw. Industrieanlagen angegriffen.

Weil Hitler ein Verbrecher war, kann nicht gesagt werden, daß alles, was unter ihm geschah, ein Kriegsverbrechen war. Der Beweis dafür, daß es sich bei den Angriffen der Luftwaffe um vom Kriegsrecht abgesicherte Aktionen bzw. Vergeltungen handelte, ist, daß die Luftwaffenführung wegen Luftterrors in Nürnberg nicht angeklagt wurde. Die Frage, wer zuerst den Rubikon zur totalen Kriegsführung überschritten hat, würde ich in diesem Fall Churchill stellen.

Rudolf Fuchs, Philippsreut

 

 

Churchill als Urheber

Ob es Frederick Forsyth gefällt oder nicht: Im Ersten und Zweiten Weltkrieg hat England Deutschland den Krieg erklärt und nicht umgekehrt.

Churchill selbst beanspruchte ausdrücklich die Urheberschaft für Planung und Vorbereitung der Flächenbombardements zur Vernichtung der Zivilbevölkerung. Er schrieb 1925 über seine Tätigkeit als Munitionsminister: "Alles, was in den 4 Jahren des Ersten Weltkriegs geschah, war nur ein Vorspiel von dem, was für das 5. Kriegsjahr von mir vorbereitet worden war. ...Zu dieser Luftschlacht von 1919 ist es nicht mehr gekommen, aber ihre Ideen leben weiter. Der Tod steht in Bereitschaft, die Menschen in Massen hinwegzumähen ... die Zivilisation zu Staub zu zerstampfen. ... Vielleicht wird es sich das nächste Mal darum handeln, Frauen und Kinder oder die Zivilbevölkerung überhaupt zu töten." (Übersetzung: Rolf Hochhuth, 1964). Diese Sätze wurden zwei Jahre vor der Fertigstellung von Hitlers "Mein Kampf" und acht Jahre vor seiner Machtübernahme gedruckt.

Horst Gehrke, Halstenbeck

 

 

Historische Wahrheit

Da ich als damals Sechs- bis Elfjähriger den Zweiten Weltkrieg größtenteils in Frankfurt verbrachte, muß ich einige Behauptungen von Frederick Forsyth richtigstellen: Der "Verschiebebahnhof von Frankfurt", gemeint ist möglicherweise der Hauptbahnhof, ein monumentales wilhelminisches Bauwerk, wurde nur leicht beschädigt und steht heute noch unverändert. Das gleiche gilt für die meisten Frankfurter Industriebetriebe, wie die Hoechst und die Casselle AG, wo ich später arbeitete. Dagegen wurden die Frankfurter Innenstadt und vor allem die Altstadt sehr gründlich zerstört, wobei insgesamt 5.600 Zivilisten getötet wurden. Die Bomber bevorzugten eindeutig zivile Ziele vor militärischen. Daß die Bomber recht gut zielen konnten, beweist das IG-Farben-Gebäude, welches völlig unversehrt blieb; "Ike's projected new headquarters in the luxurious sevenstory IG-Farbenindustriebuilding", wie Samuel P. Hirshson in seiner Patton-Biographie schreibt.

Ebenso gab es vor allem 1945 jede Menge Jagdbomber-Angriffe auf Zivilpersonen. Manche schossen auf alles, was sich bewegte. Auch ich wurde einmal beschossen, aber glücklicherweise nicht getroffen. Natürlich wurde der totale Krieg von beiden Seiten erbarmungslos geführt. Es sollte um der historischen Wahrheit willen aber festgehalten werden, daß auch die Engländer und die US-Amerikaner gegen die Haager Landkriegsordnung verstoßen haben.

Dr. Wolfgang Bodenstedt, Frankfurt am Main

 

 

Geächtetes Niveau

So sehr ich Frederick Forsyth als aufrichtigen britischen Zeitgenossen schätze, sowenig kann ich die "Rechtfertigung" des britischen Bombenkrieges des ehemaligen Kampffliegers Forsyth nachvollziehen, wenn er den Massenmord an der deutschen Zivilbevölkerung mit der mangelnden Unterscheidbarkeit von Industrieanlagen und Wohngebieten nicht entschuldigen, sondern rechtfertigen will. Es ist zunächst auch festzustellen, daß seine Angabe, man habe nicht gezielt bombardieren können, so nicht stimmt. Gewiß, es gab damals keine in ein Ziel lenkbare Bomben, aber die deutsche Stuka-Technik konnte schon sehr genau kriegswichtige Ziele treffen. Allerdings taugte diese nicht zum rücksichtslosen Flächenbombardement nach Art der Alliierten.

Daß seine Rechtfertigung darüber hinaus nicht stimmt, ist allein schon am Schicksal meiner Heimatstadt Heilbronn nachvollziehbar. Hier wurde am 4. Dezember 1944 die dichtbewohnte und kaum mit Industrie versetzte Altstadt "pulverisiert" (Duff Cooper, Minister im Kabinett Churchill). Rund 7.000 Menschen verloren binnen 20 Minuten durch weit mehr als 1.000 Tonnen Luftminen, Spreng-, Brand- und Phosphorbomben grausam ihr Leben. Heilbronn hatte nach Pforzheim mit 91 Toten verhältnismäßig die zweithöchste Verlustrate je 1000 Einwohner in Westdeutschland. Das flächenmäßig ebenso große Industriegebiet im Norden der Stadt blieb in weiten Teilen ebenso unversehrt wie die Bahnanlagen, die erst am 1. März 1945 Ziel eines weiteren Angriffs waren. Mag sein, daß mancher Beteiligter auf britischer Seite nicht wußte, was auf ihn zukam. Mindestens zwei Master-Bomber, wie die taktischen Leitoffiziere genannt wurden, wußten es aber genau: "Also wieder einmal Frauen und Kinder!" soll laut "Heilbronn - Protokoll einer Katastrophe" ihr Kommentar zum Einsatzbefehl für 7 Mosquito- und 228 Lancaster-Besatzungen gewesen sein. Man mag sich heute darüber streiten, wer am 10. Mai 1940 oder früher die ersten Bomben auf die Zivilbevölkerung geworfen hat. Daß die Briten sich auf das von ihnen geächtete Niveau ihrer Gegner begeben haben, wird auch Frederick Forsyth nicht bestreiten können.

Alfred Dagenbach, per E-Post

 

 

Unverteidigte Städte?

Auch der geschätzte Herr Forsyth erwähnt die Bombardierung der "unverteidigten Städte" Warschau und Rotterdam als deutsche Schandtaten. Meines Wissens waren diese Bombardierungen aber keineswegs Terrorangriffe alliierter Prägung zur gezielten Vernichtung der Zivilbevölkerung, sondern erfolgten im Zuge von Kampfhandlungen der Landstreitkräfte.

Der Angriff auf Rotterdam am 14. Mai 1940 wurde ebenfalls befohlen, weil der holländische Stadtkommandant, Oberst Scharroo, auf Zeit spielte und die Kapitulation ablehnte. Als Scharroo schließlich Kapitulationsbereitschaft zeigte, war das deutsche Kampfgeschwader 54 mit 100 He 111-Bombern bereits kurz vor Rotterdam und wegen der vor jedem Bombenwurf eingezogenen Schleppantennen für die Rückrufe der Luftflotte 2 nicht mehr erreichbar. Rund 60 Maschinen luden ihre Bomben ab, die anderen konnten noch auf Leuchtsignale der deutschen Sturmtruppen vom Boden her abdrehen. Der Angriff bewirkte einen Großbrand in der von den Holländern stark verteidigten Altstadt, dem die Feuerwehr nicht mehr gewachsen war, und der Stadtkern brannte aus.

Adalbert Taufler, München

 

 

Zivilisten angegriffen

Ich habe den Offenen Brief von Forsyth, der den Luftkrieg über Deutschland betrifft, und die Anordnungen, die Flugzeugbesatzungen erhalten haben sollen, gelesen. Ich kann nur sagen, daß sich der Schreiber einmal die Memoiren von Amerikas berühmtesten Testpiloten Chuck Yeager zu Gemüte führen sollte, die dieser 1980 veröffentlichte. Yeager war im Krieg P-51-Jagdpilot der US-Air Force und eskortierte die Bombermissionen nach Deutschland. In seinem Buch steht geschrieben, daß den Piloten explizite Anweisungen gegeben wurden, Zivilpersonen auf dem Boden aus Nahdistanz anzugreifen. Dieses wurde als "Erzielen des maximalen Effektes" bezeichnet. Ein anderer Pilot kommentiert dies mit den Worten, daß man besser den Krieg gewinnen sollte, als solche Parolen auszugeben. Ich kenne persönlich einige deutsche Zivilisten, die von diesem alliierten Terror niedergeschossen wurden.

Michael L. Reisch, Carlisle MA/USA

 

 

Eingeebnet

Ich stimme Herrn Forsyth umgehend zu, daß wir alle heute zusammen dafür sorgen müssen, daß Kriegsverbrechen wie die hier angesprochenen alliierten Bombenangriffe auf zivile Ziele in Deutschland sich nie wiederholen dürfen.

Das vorausgeschickt, kann ich nicht umhin, auf der historischen Wahrheit zu bestehen. Ob nun bei der Einsatzbesprechung erwähnt oder nicht, Tatsache ist, daß zum Beispiel beim "Unternehmen Gomorrha" (allein der Name zeigt, was beabsichtigt war), den großen Angriffen auf Hamburg im Sommer 1943, in erster Linie Wohngebiete bombardiert worden sind. Dock- und Fabrikanlagen rund um die Elbe waren so wenig betroffen, daß sie bereits innerhalb weniger Stunden nach Abflug der Bomber wieder produzieren konnten. Die bombardierten Arbeiterviertel hingegen blieben teilweise bis weit in die fünfziger Jahre hinein Trümmerwüsten.

Wenn Frederick Forsyth meint, London, Coventry und Portsmouth seien "eingeebnet" worden, unterliegt er nachträglich dem Einfluß Goebbelsscher Propaganda. Eingeebnet wurden noch im letzten halben Jahr des Zweiten Weltkrieges viele deutsche Klein- und Mittelstädte, die der Krieg bisher verschont hatte. Auch das ist ein Thema in dem verdienstvollen Buch von Jörg Friedrich.

Olaf Haselhorst, Hamburg


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen