© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    04/03 17. Januar 2003

 
Leserbriefe

Zu: "Die bittere Zukunft" von Paul Rosen, JF 2/03

Tränen der Rührung

Wenn Paul Rosen meint, die USA hätten jahrzehntelang Westdeutschland beschützt, kommen mir glatt Tränen der Rührung. Westdeutschland war für die USA in erster Linie ein unverzichtbarer strategischer Vorposten gegenüber dem Ostblock. Im Falle einer militärischen Auseinandersetzung wären die alte BRD und DDR als die jeweiligen Vasallenstaaten Hauptgefechtsfeld gewesen. In etlichen Nato-Planspielen war das seinerzeit mit der völligen Zerstörung Deutschlands einkalkuliert gewesen.

Auch wenn Schröders "deutscher Weg" aus wahltaktischen Erwägungen für die SPD kreiert wurde, übrigens ein Weg, den ein Stoiber in überbordender Servilität gegenüber den USA nie gewagt hätte, ist er doch ein erster kleiner Lichtblick, eigenes Interesse für Deutschland und Europa überhaupt zu artikulieren, ein erster kleiner Schritt aus der Sackgasse des Vasallendaseins und keineswegs in die Sackgasse, wie Paul Rosen es sieht. Mit über zwei Dutzend US-Stützpunkten auf deutschem Boden ist das wiedervereinigte Deutschland noch weit davon entfernt, wirklich souverän zu sein.

Und was die Hilfe Bush seniors in Sachen Wiedervereinigung betrifft, stand hier nicht Sentimentalität für Deutschland Pate, sondern nur der machtpolitische Zuwachs. Schließlich wurde die Nato-Ostgrenze an die Oder vorgeschoben, während England und Frankreich dabei weiterhin in den alten Denkkategorien von Versailles zu verharren schienen.

Ulrich Behrenz, Hamburg

 

Grinsende Blockade

Wir sollten nicht so einfältig sein, anzunehmen, "daß die USA Westdeutschland über Jahrzehnte beschützten." Erstens haben wir eine respektierte 500.000-Mann-Bundeswehr zur Nato beigesteuert und zweitens war Westdeutschland wegen seiner geostrategischen Lage zwangsläufig willkommenes prospektives Schlachtfeld, auf dem ein konventioneller und auch atomarer Schlagabtausch unter Aussparung der Territorien der beiden großen Kontrahenten bis zu einer zu erwartenden Verständigung stattgefunden hätte. Unsere "Dankbarkeit" darf sich also in Grenzen halten.

Was Helmut Kohls Regierung betrifft: der hat genau nicht "jahrelang gegen eine Mehrheit in der Länderkammer komfortabel regiert", sondern auch seine bescheidensten Reförmchen wurden dort von einem grinsenden Oskar Lafontaine blockiert, was ihm als Reformunfähigkeit angekreidet wurde und den Regierungsverlust einbrachte.

Eberhard Koenig, Baiern

 

Zu: "Der Teufel und sein Beelzebub" von Frank Philip, JF 52/02

Historischer Witz

In Dresden wurden am 13. Februar 1945 Frauen und Kinder, die dem Phosphor-Bomben-Inferno entkommen waren und nicht im heißen Asphalt verreckt sind, von der BBC auf die Elbwiesen gelockt. Dort kamen dann die Tiefflieger mit ihren MGs. Derjenige, der das anordnete, wurde nur dafür bezahlt, daß er Leute umbringt. Eine Pflichterfüllung, kein Verbrechen. Seine Auftraggeber adelten ihn dafür, setzten ihm ein Denkmal, damit er ein Vorbild für die britische Jugend sein soll. Er ist es wohl auch, mal abgesehen von einer Handvoll Engländer, die das alles ein wenig anders sahen und aus Reue das goldene Kreuz für die wiedererstehende Frauenkirche spendeten. Ob nun so jemand als Verbrecher eingestuft wird oder nicht, sei mal dahingestellt. Wenn man es in diesem Fall täte, käme man vielleicht mit einem blauen Auge davon.

Was man aber tun sollte, ist folgendes: Diesen angloamerikanischen Angriffskriegern als Deutsche jegliche Unterstützung versagen. Wer das nicht begreift, sollte mal für drei Tage bei minus 20 Grad ohne Essen und Trinken sich im Freien in einem Erdloch aufhalten. Da weiß er ein kleinwenig mehr, was Krieg beispielsweise in Stalingrad bedeutet hat. Und noch eins: Wenn wir heute immer noch "zu Recht" bestraft werden, weil "wir den totalen Krieg begonnen haben", sollte nicht vergessen werden, daß unsere Strafe mit der totalen Niederlage abgegolten sein dürfte. Nötigt uns Deutsche nicht zu neuen Kriegsabenteuern, auch wenn einige schon wieder von "historischer Pflicht" sprechen. Einem Bush/Blair zu folgen, als eine historische Pflicht zu bezeichnen, ist eher ein historischer Witz.

Michael Sieber, Limbach-Oberfona

 

Der Verlierer ist Schuld

Harris war mit Rückendeckung von Churchill der Hauptverantwortliche für die massierten Terrorangriffe auf deutsche Städte, denen rund 600.000 Menschen, vorwiegend Frauen und Kinder, zum Opfer fielen. Er setzte sich dabei ganz bewußt über die heftigen Vorhaltungen, Warnungen und sogar ein Ultimatum seines Vorgesetzten, Luftmarschall Sir Charles Portal, hinweg, der mit Schwerpunkt die Anlagen der Ölindustrie ausschalten und dadurch ein schnelleres Kriegsende herbeiführen wollte. Immerhin gab es bei der Denkmalseinweihung vor zehn Jahren in London eine Reihe von Demonstranten, die ihren Unmut lautstark zum Ausdruck brachten und Schilder trugen, auf denen (übersetzt) stand: "Ein Denkmal für einen Massenmörder" und "Einwohner Dresdens, vergebt uns". Selbst der Daily Telegraph hatte damals geschrieben, daß der militärisch bedeutungslose Großangriff auf die mit Tausenden von Flüchtlingen aus dem Osten und Verwundeten vollgestopfte Stadt Dresden kurz vor Kriegsende mehr Opfer gefordert hat, als der Abwurf der Atombombe auf Hiroshima. Die Errichtung der Harris-Statue bewies daher wieder einmal, daß Kriegsverbrechen immer nur dem Verlierer aufgelistet werden.

Oberst a.D. Günter Miosga, Tutzing

 

 

Zu: "Die Bundeswehr am Ende" von Paul Rosen, JF 51/02

Wahrheits-Stau

Wichtiger als Debatten über stattgehabte Wählertäuschung ist, jetzt zur Wahrheit überzugehen - nicht nur was Steuern und Sozialabgaben, sondern auch was Krieg und Frieden anbelangt.

Anders als Deutschlands Militärbündnisse vor dem Ersten und Zweiten Weltkrieg wurde die Nato als Verteidigungsbündnis begründet: Die militärische Beistandspflicht sollte nur gelten, wenn ein Bündnispartner angegriffen wird, aber nicht, wenn ein Bündnispartner angreift.

Derzeit "normalisiert" sich unser Verhältnis zu Militäraktionen wieder: Regierung wie Opposition unterscheiden vorrangig zwischen Gut und Böse sowie zwischen Freund und Feind, die Unterscheidung zwischen Verteidigung und Angriff wird nachrangig.

Hierdurch ist ein Wahrheits-Stau entstanden. Da derzeit nur deutsche Beteiligungen bei Angriffen auf andere Länder anstehen, eine Verteidigung Deutschlands gegen Angriffe anderer Militärmächte hingegen sehr spekulativ erscheint, ließe dieser Wahrheits-Stau sich leicht mit einem Befreiungsschlag beseitigen: Das "Ministerium für Verteidigung" wird bis auf weiteres in "Ministerium für Angriff" umbenannt. Dann wüßte man als Wähler, als Steuerzahler und vor allem als "Wehr"pflichtiger, was man von der heutigen Bundes"wehr" zu halten hat.

Dr. Holger Schleip, Birkenfeld

 

 

Zu: "Gefährliches Spiel" von Erich Vad, JF 51/02

Klare Worte nötig

Es ist unehrlich, die Türkei weiterhin im unklaren zu lassen, was die Möglichkeit eines EU-Beitritts betrifft. Immerhin hat sich die Türkei seit Jahrhunderten ernsthaft um Europa bemüht. Zur Klärung dieser Frage haben bereits zwei multinationale Zusammenkünfte vor den Toren Wiens stattgefunden. Es ist ein Gebot der Ehrlichkeit, die Anfragen der Türkei grundsätzlich und endgültig zu beantworten. 

Jan Sobiesky, Krefeld

 

Faule Eier

Mit derselben Euphorie, mit der man jetzt die EU-Osterweiterung feiert, haben vor gut zehn Jahren die verantwortlichen Politiker auf die Abschaffung der nationalen Währungen zu Gunsten des unseligen Euro reagiert. Was für ein faules Ei man gerade uns Deutschen mit dieser Währung ins gemachte Nest gelegt hat, dürfte mittlerweile jeder wissen. Nun also die Osterweiterung mit unabsehbaren Wanderungsbewegungen, von den immensen Kosten gar nicht zu sprechen. Um es mit einem Lieblingsspruch des unsterblichen Komikers Oliver Hardy zu sagen: "Das ist ja eine schöne Suppe, die die uns wieder eingebrockt haben!" Nur lachen kann ich diesmal nicht.

Michael Borgelt, Osnabrück

 

 

Zu: "Missionar für die Einheit" von Stefan Winkler, JF 51/02

Das Beispiel

Das Schicksal des am 6. Dezember 2002 verstorbenen ehemaligen Fernsehmoderators Gerhard Löwenthal, Jahrgang 1922, ist beispielhaft für den paradoxen Sinneswandel des Zeitgeistes. Als Jude hatte er den Terror des Nationalsozialimus kennengelernt, als Student an der sowjetisch kontrollierten Berliner Universität nach dem Krieg auch kommunistischen Terror. Mit vielen anderen Berliner Studenten führte er einen erbitterten publizistischen Kampf gegen die reglementierte Universität in Ost-Berlin und für eine freie Universität im Westteil der Stadt. Dann wurde er Fernsehmoderator. Seine Botschaft an seine Zuhörer war unmißverständlich. Um sich von alter politischer Schuld zu befreien und vor neuer politischer Schuld zu bewahren, rief er weiterhin unermüdlich zum Kampf gegen die kommunistische Ideologie auf.

In den nachfolgenden Generationen wurde jedoch nicht gegen den Kommunismus, sondern gegen den Antikommunismus gekämpft. "Kommunismus ist mindestens interessant, Antikommunismus wird verachtet", notierte ein prominenter Zeitzeuge. Der Spiegel verhöhnte den Moderator vom "Magazin" in einer Programmvorschau: "Die Roten sind des Satans Buben, spricht Löwenthal in deutschen Stuben."

Prof. Dr. med. Klaus Hartmann, Köln

 

 

Zum Pankraz "Die Habsburger und die Demokratie als Gott", JF 51/02

Keine Idylle

Die habsburgische Regierung und Verwaltung des Reiches in Wien war keine Idylle, sondern Realität, von der zum Beispiel die EU in Brüssel nur vergeblich träumen würde. Das hat unter anderem schon das Fricktal, heute Schweiz, seinerzeit unter der habsburgisch-deutschen Kaiserin Maria Theresia positiv erfahren und hält das bis heute in dankbarer Erinnerung fest.

Die amerikanischen Gründerväter waren - geschichtlich belegt und unbestritten - hartgesottene Aristokraten und gründeten eine Oligarchie. Auf den falschen Mythos von Demokratie hat schon in den sechziger Jahren L.L. Matthias mit seinem durch seinen Freund Rohwolt senior erschienenen Buch "Die Kehrseite der USA" einschlägig hingewiesen.

In Wirklichkeit ist unsere heutige "Demokratie" die Herrschafts-"Show" von Oligarchen im Hintergrund nach britischem Strickmuster: Man nehme eine Bühne, lasse dort Regierung und Opposition (oder Arbeitergeberverbände und Gewerkschaften) Schaukämpfe als Schattenboxen unter Beteiligung der Zuschauer abziehen und steuere die Akteure durch heimliche Bestechung und Erpressung, wozu man sie haben will. Der fühlt sich "demokratisch" frei, weil er sich "den Mund zerreißen" darf, und merkt dabei nicht, wie sehr er an Ketten hängt.

Dr. Hans Berger, Birsfelden/Schweiz

 

 

Zu: "Möllemann wird exkommuniziert" von Ronald Gläser, JF 50/02

Torpedierte FDP

Bei der Richtungsdebatte über die zukünftige Positionierung der FDP geht es in Wirklichkeit gar nicht um die Frage, ob die "neue" FDP eine rechts-, bzw. linksliberale Ausrichtung bekommt. Beides halte ich für falsch und antiquiert. Möllemann wollte die Partei zu einer Art "freiheitlichen Bürgerbewegung jenseits von rechts und links" machen. Dies wäre ihm auch fast gelungen, hätten die parteiinternen Kritiker diesen Kurs nicht noch im laufenden Bundestagswahlkampf öffentlich torpediert.

Deshalb befürchte ich, daß der mutige Ansatz innerhalb dieser FDP mit der Hetzkampagne gegen Möllemann völlig zerstört worden ist - bei aller berechtigten Kritik an möglichen Unregelmäßigkeiten bezüglich der Finanzierung seines Flyers. Aus freiheitlicher Sicht ist Möllemanns Vorstoß inhaltlich nicht zu kritisieren, hat er doch mit seiner Kampagne den "Gordischen Knoten" der Tabuisierung, wie er in den Köpfen vieler Deutscher immer noch zu finden ist, zu lösen versucht. Aber die Art und Weise, wie die gegenwärtige Führung der FDP versucht, den eingeschlagenen Weg rückgängig zu machen, ist jämmerlich und dieser Partei unwürdig. Die Quittung dafür wird die FDP in Hessen und Niedersachsen bekommen, wetten? 

Torsten Ilg, Köln

 

 

Zu: "Jeder muß 200 Euro Kopfprämie zahlen" von Jens Jessen, JF 50/02

Eigene Systeme nötig

Daß man die elementarsten Zusammenhänge nicht begreift, ist verwunderlich. Rechenmanipulationen und Nachahmung von fremden Systemen, ohne eigene Besonderheiten und Vorteile zu berücksichtigen, schaden. "Der Schlüssel der Altersversorgung liegt nicht in der Geldrechnung, er liegt in der biologischen Struktur des Volkskörpers."

Die Bismarck-Rente war eine geniale Idee in einer Zeit des Zerfalls der Großfamilie, um so mehr heute. Sie ihrem Wandel zur Umlage anzupassen, würde die Verbundenheit zwischen Generationen stärken und das Alter sichern.

Franz Harder, Leopoldshöhe

 

 

Zu: "Das Märchen vom Goldesel" von Roland Baader, JF 50/02

Erhardsche Fehler

Der Autor des Artikels ist Diplom-Volkswirt, macht aber den Eindruck, ebenfalls zur "politischen Kaste" zu gehören. Er wendet nämlich genau die gleiche Taktik der Politiker an und verschweigt dem Leser seines Artikels die wichtigste Information, daß Ludwig Erhard bei der Einführung der sozialen Marktwirtschaft mit der Mehrwertsteuer, welche zusätzlich über die Lohnsteuer erhoben wird, einen ähnlichen schwerwiegenden Fehler macht wie Karl Marx, der die Entwicklung der Automatisierung nicht abschätzen konnte. Die Mehrwertsteuer ist kontraproduktiv, was so prinzipiell gut wäre, wenn die manuell Arbeitstätigen nicht gegen die Maschinenleistung im Wettbewerb stünden. Und Maschinen zahlen keine Steuern und Sozialabgaben, bekommen kein Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Der Mensch ist also gegenüber der Maschine zu teuer, was durch die Mehrwertsteuer in der Handwerkerrechnung belegt ist.

Das macht die manuell tätige Arbeitskraft sogar für Industriebetriebe wieder interessant, vorausgesetzt, daß die Reformer, die sich daran machen eine Produktionssteuer einzuführen, auch wissen, wie das zu gestalten wäre. Dafür ist eine Menge Gehirnschmalz erforderlich, was auch bezahlt werden muß - leider ist aber die Staatskasse chronisch leer, so daß diese echte Reform, eine Korrektur von Ludwig Erhards Fehler, in absehbarer Zeit nicht stattfinden wird.

Wolfgang Lütgens, Lübeck

 

 

"Ewig währt der Toten Tatenruhm" Edda

Burchard Stammelbach

* 29.12.1920 in Hildesheim - gefallen Januar 1943 in Stalingrad

Ehre seinem Andenken
Seine Schwester Ingeborg F. Schaele-Stammelbach


 
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