© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    06/03 31. Januar 2003

 
Frisch gepresst

Gräfin Dönhoff. Als die Herausgeberin der Zeit im März vorigen Jahres im 93. Lebensjahr starb, wirkten die ganzseitigen Nachrufe merkwürdig stereotyp. Man hatte das Gefühl, alles schon einmal gelesen zu haben. Das lag wohl auch daran, daß die Gräfin viel Mühe darauf verwendet hatte, ihr Bild als "streitbare" Publizistin im öffentlichen Bewußtsein zu verankern. Die Dönhoff-Biographien aus der Feder von Alice Schwarzer und Haug von Kuenheim hätte die ostpreußische Adlige auch bei einer PR-Agentur in Auftrag geben können. Auf diesen Spuren, als liebender Verehrer seiner Großtante, wandelt auch Friedrich Dönhoff, der einige Histörchen und Reiseanekdoten erzählt, sowie schicklichste Schüssellochblicke gewährt. In einer noch zu schreibenden wissenschaftlich-kritischen Biographie der offenbar allein von Eckard Henscheid nicht als bundesdeutsche Heiligenfigur verehrten Großjournalistin dürfte diesem Büchlein, das immerhin einige unbekannte Bilder aus den Familienalben bietet, kein großer Quellenwert zukommen ("Die Welt ist so, wie man sie sieht". Erinnerungen an Marion Dönhoff. Hoffmann und Campe, Hamburg 2002, 192 Seiten, Abbildungen, 19,90 Euro).

Pisa-Studie. Der langjährige FAZ-Feuilleton-Redakteur Konrad Adam, der nun als politischer Chefkorrespondent der Welt tätig ist, faßt in seinem Buch das zusammen, was seit der Pisa-Studie jedem Bildungspolitiker, zuvor nur konservativen Kritikern an der "Bildungsreform" selbstverständlich erschien: Das höchste Kapital unseres rohstoffarmen Landes, die Bildung seiner Einwohner, wurde in den vergangenen zwanzig Jahren kontinuierlich zugunsten eines ideologisch motivierten "Herumdokterns" am bewährten Bildungssystem aufs Spiel gesetzt. Die angestrebte Chancengleichheit hat sich als niveaulose Gleichmacherei erwiesen, Adam kritisiert dieses vor allem am Beispiel des Gymnasiums. Im Gegensatz vieler durch "Pisa" geläuterter Bildungsexperten weicht Adam seine Klage nicht durch den Verweis auf den schwer beeinflußbaren Faktor des versagenden Elternhaus auf, sondern fordert eine Rückkehr zu alten Maximen der schulischen Erziehung, deren Nachholbedarf er vor allem in den nördlichen Bundesländern ausmacht (Die deutsche Bildungsmisere. Pisa und die Folgen. Propyläen Verlag, München 2002, 192 Seiten, 20 Euro).

Napoleon. Nach der jüngsten Romanverfilmung Max Gallos im ZDF erlebt das Interesse am kleinen Korsen wieder eine Renaissance. Insofern dürften die neuen Bände vom "Fachverlag für das Napoleonische Zeitalter Roger Zörb" einen passenden Rezipientenkreis finden. Die neuen Bände widmen sich dem Ägypten-Feldzug von 1798 und den ersten Ansätzen des Freicorpswesens unter dem braunschweigischen Herzog Friedrich Wilhelm und geben einen für populärwissenschaftliche Betrachtungen ungewöhnlich ausführlichen Überblick (Detlef Wenzlik: Napoleon im Land der Pyramiden. Unter der Fahne des Schwarzen Herzogs. Hamburg 2002, 168 und 128 Seiten, Abbildungen, 40 und 34 Euro).


 
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