© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    08/03 14. Februar 2003

 
Auf zur nächsten Runde
"Kampf gegen Rechts": Erstmals müssen sich die Initiatoren der millionenschweren Bundesprogramme öffentlich rechtfertigen

Für Sebastian Edathy war der Dienstag ein großer Tag. Der bislang völlig unbekannte sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete durfte sich als "Sprecher der Arbeitsgruppe Rechtsextremismus und Gewalt" der SPD-Fraktion auf Seite eins der Frankfurter Rundschau wiederfinden. Dort kritisiert er die CDU/CSU, sie stehle sich "aus der Verantwortung", da sie es tatsächlich wagte, die bis zu 200 Millionen Euro teuren Bundesprogramme "gegen Rechts" zum Gegenstand der politischen Debatte zu machen. "Abenteuerlich" nennt das der smarte Jungparlamentarier.

Zu diesem kleinen Erfolg verholfen hat ihm wohl eine undichte Stelle im Bundesfamilienministerium. Entgegen allen parlamentarischen Gepflogenheiten wurde ihm ein Fragenkatalog von CDU/CSU-Abgeordneten an das Ministerium zu den Bundesprogrammen "gegen Rechts" bereits einige Tage früher zugespielt.

Im Sinne des Agenda setting der strategischen Öffentlichkeitsarbeit zog man es offensichtlich vor, das Thema der millionenschweren Förderung solch umstrittener Projekte selbst zu eröffnen, bevor es andere tun konnten.

Die Fragen haben es in sich. So wird beispielsweise die oftmals linksextremistische Gesinnung der Mitarbeiter solcher Programme thematisiert. Auch die Frage nach den Förderkriterien (reicht es, nur "gegen Rechts" zu sein?) könnte die Verantwortlichen in Schwierigkeiten bringen. Oder was sind eigentlich die "Problemgebiete" in Deutschland, wo anscheinend die Bürger für rechtes Gedankengut anfälliger sind als woanders? Die Fragesteller sind die Unionsabgeordneten Reinhard Grindel, Martin Hohmann und Stephan Mayer.

Der von Bundeskanzler Gerhard Schröder im Jahr 2000 ausgerufene "Aufstand der Anständigen" mit seinen Auswucherungen im alimentierten linksradikalen Vereinswesen sieht sich in einer völlig neuen Situation - er muß sich der öffentlichen Kritik stellen, seine Methoden und die dafür erforderlichen Finanzmittel stehen auf dem Prüfstand: zum ersten Mal in dieser Form im Plenum des deutschen Parlaments.

In Vorahnung des Endes der kritikfreien Periode verordnete das Bundesfamilienministerium prophylaktisch allen Förderprojekten seines "zivilgesellschaftlichen" Bundesprogramms "Civitas" Anfang des Jahres einen Maulkorb. Alle Mitteilungen "über Thema, Inhalt und Ergebnisse oder sonstige Einzelheiten zum Programm Civitas sowie jegliche sonstige Öffentlichkeitsarbeit" seien "allein dem Ministerium vorbehalten".

Damit will man wohl allzu deftigen Steilvorlagen für die Kritiker des "Aufstands der Anständigen" vorbeugen. Laut Berliner Zeitung fiel dieser Richtlinie beispielsweise auch ein Plakat "Asylsuchende in Thüringen - das kalte Herz Deutschlands" zu Opfer.

Alles scheint so, als sei eine neue, breit angelegte Kampagne gegen die momentan noch vorsichtig geäußerte Kritik am "Kampf gegen Rechts" in Vorbereitung. Ein mediengerechtes Symbol ist bereits gefunden, der sachsen-anhaltische Verein "Miteinander e.V.", dem von der neuen schwarz-gelben Landesregierung Sachsen-Anhalts wegen "politischer Einseitigkeit" die Mittel von 1,1 Millionen Euro auf 299.000 Euro zusammengestrichen wurden (JF 02/03).

Der deutsche Blätterwald berichtet und kommentiert seit Wochen die Gelderstreichung für den vergleichsweise kleinen Verein. Pathetisch ist vom "Überlebenskampf" die Rede, folglich käme die Mittelstreichung nichts geringerem als einem "Genickbruch" (Mitteldeutsche Zeitung) gleich. In der taz vom 7. Februar beklagt Kommentatorin Heike Kleffner die ausbleibende Unterstützung des Kanzleramts.

Die "zivilgesellschaftlichen" (linksradikalen) Initiativen fühlten sich von Schröder "im Stich gelassen". Mit keinem Wort wird inhaltlich auf die Kritik der Regierung Sachsen-Anhalts eingegangen. Aber darum geht es auch wirklich nicht in der zweiten Runde des "Aufstands der Anständigen".


 
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