© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    09/03 21. Februar 2003


Blick in die Medien
Nebenwirkung
Ronald Gläser

Es ist ja nicht so, daß unsere Eltern uns nicht gewarnt hätten. Fernsehen macht dumm. Fernsehen lenkt von den wirklich wichtigen Dingen ab. Fernsehen tötet unsere Phantasie. Daß Fernsehen tötet, wurde uns jedoch verschwiegen. Wohlgemerkt - die Rede ist nicht von dem neuen Kinofilm "The Ring". Dieser handelt von einem Videoband, das den Tod des Zuschauers verursacht. Natürlich ist das Fiktion. Das makabre Kinovergnügen wird noch von der Realität übertroffen. Der Waliser David Pallister wurde nach einem Musikclip des schwarzen Rappers Eminem zum Mörder. Der 18jährige tötete in der Neujahrsnacht 2002 den 47jährigen Richard Johns. Nachdem er überführt worden war, gab er an, durch das Lied, das von Sex und Gewalt handelt, inspiriert worden zu sein. Vollkommen grundlos ist er über sein Opfer hergefallen und hat es brutal ermordet. Noch makabrer ist der Fall zweier Brüder aus Kalifornien. Die beiden 20 und 15 Jahre alten Männer haben ihre Mutter getötet und zerstückelt. Den Rumpf ihrer ermordeten 41jährigen Mutter hinterließen sie am Straßenrand. Ein Polizeisprecher stellte deprimiert fest, es sei unmöglich, ein Motiv für eine solche Tat festzustellen. Das mag zutreffen, aber zumindest steht fest, daß auch diese beiden Täter vom Fernsehen inspiriert worden sind. Sie handelten so wie die Täter der erfolgreichen Mafia-Fernsehserie "Die Sopranos" und gaben dies auch zu. Zynischerweise könnte man der Mutter den Vorwurf machen, sie habe ihre Kinder nicht vor den Nebenwirkungen des TV-Konsums gewarnt. 


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