© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    10/03 28. Februar 2003


Blick in die Medien
Mundwerksmaid
Carl Gustaf Ströhm

Es ist erstaunlich, daß es für die Vokabel vom "Mundwerksburschen" kein adäquates weibliches Gegenstück gibt. Als Mundwerksburschen bezeichnete man seinerzeit jene jüngeren Mannsbilder, die im Wirtshaus das große Wort führten, nie um eine Antwort verlegen und scheinbar allen anderen überlegen waren. Im Zeitalter der Telekratie und des Feminismus könnte man getrost die im Nachrichtensender n-tv agierende, Gott und die Welt interviewende und supergescheit dreinschauende Sandra Maischberger als solchen Burschen bezeichnen. Einer der Interviewpartner, der Sandra jüngst vor die Flinte kam, war während der Berlinale Roger Moore, der britische Schaupieler und Fernsehstar. Madame Maischberger wollte während des Gesprächs den Briten unbedingt zu antideutschen, daß heißt vergangenheitsbewältigenden Äußerungen provozieren. Wie es denn gewesen sei, fragte sie ihren Gast, als er kurz nach dem Kriegsende 1945 nach Deutschland kam und den Deutschen begegnete, die diesen Nazismus zu verantworten hatten. Was für Gefühle er denn damals gehegt habe? Roger Moore, der Gentleman, lächelte nachsichtig und sagte nur: Es habe für ihn überhaupt keine Probleme gegeben, denn er habe festgestellt: "Die Deutschen waren so wie wir." Auch als die n-tv-Dame ihn zu politischen Äußerungen über den Irak bewegen wollte, blieb Moore bei seiner Linie: er sei Botschafter des Kinderhilfswerks Unicef und wolle daher keine politischen Aussagen machen. So lief der weibliche "Mundwerksbursche" beim Weltstar Moore auf eine Sandbank. 


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