© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/03 21. März 2003


Zeitungen
Fastenkur für die mißachtete Elite
Dieter Stein

Die hessische Landesregierung (absolute CDU-Mehrheit) wird der notleidenden Frankfurter Rundschau (FR) eine Bürgschaft für Bankkredite gewähren. Der Staat mischt sich nun also nicht nur bei Funk und Fernsehen, sondern auch bei den Druckmedien in die Gestaltung der Pressefreiheit ein, staatliche Zuwendungen entscheiden künftig darüber, ob eine Zeitung weiter erscheinen kann oder nicht.

Die Entwicklung ist fatal. Staatliche Subventionen für die Presse wären allenfalls erträglich, wenn sie nach dem Gießkannenprinzip ausgeteilt werden, etwa in Form von Steuererleichterungen beim Vertrieb, von denen alle Druckerzeugnisse gleichermaßen profitieren können. Was in Hessen jedoch passiert, ist genau das Gegenteil: Ein einzelnes Organ bekommt demonstrativ ein Zuckerl zugesteckt, wird auffällig privilegiert.

Wieso das? Nun, die FR ist eine prononciert linke Zeitung. Herr Koch, der hessische Ministerpräsident, ist zwar nicht "links", die FR ist gegen ihn und verhöhnt ihn tagtäglich als "Fürst der schwarzen Kassen", doch gerade das ist die Pointe bei dem Spiel.

Dem Meinungsspektrum würde kaum etwas fehlen, wenn es die FR nicht mehr gäbe; solche Blätter sind hierzulande im Dutzend billiger, sie zu subventionieren, verheißt Beifall von vielen Seiten. Der JF würde Koch hingegen wohl kaum eine Bürgschaft geben - wir kämen auch nicht auf die Idee, darum zu bitten.

Nun stöhnt nicht nur die Rundschau unter roten Zahlen, auch die Süddeutsche Zeitung und die FAZ ächzen unter den anhaltend rückläufigen Anzeigenumsätzen. Über Jahre angefutterter Wohlstandsspeck muß nun schwitzend abtrainiert werden. So stöhnte der zunehmend in die Kritik geratene FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher Anfang dieser Woche in seinem Feuilleton larmoyant über die notwendige Diät bei den "Qualitätszeitungen" Deutschlands. Schirrmacher jammert dort, einzig FAZ, FR, Welt und SZ hätten "Qualität erkannt" und "gewürdigt", hätten sich tapfer gestemmt gegen die "medial-orale Plappergesellschaft", ja: "Nie war die berühmte machtgeschützte deutsche Innerlichkeit, das heißt: Gedankenreichtum und innere Freiheit, historisch reifer als in den großen überregionalen Organen."

Diese wirklichkeitsfremde Selbstüberschätzung Schirrmachers spielt schon verdächtig ins Scharpinghafte - es sind lediglich Gehälter und Posten überfressener Redaktionsapparate gefährdet! Herr Schirrmacher liest offensichtlich den Wirtschaftsteil seiner eigenen Zeitung nicht, dem er das Wissen von den sagenhaften Selbstheilungskräften des Marktes und der schädlichen Wirkung von Subventionen hätte entnehmen können. Doch die Krise der deutschen Zeitungsverlage hat auch ihr Gutes: Es ist die Chance der kleinen, der weniger gehörten, oft arrogant ignorierten publizistischen Stimmen. Gerade die FAZ, die entscheiden will, "wer zu der Elite gehört, die Qualität erkennt und würdigt" (Schirrmacher), hat reihenweise qualitätvolle, geistreiche Publizisten mundtot gemacht und ausgeblendet. Nun schlägt die Rache des Marktes zurück.


 
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