© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/03 21. März 2003

 
Frisch gepresst

Familie statt Staat. Die veröffentlichte Ergänzung der Pisa-Studie im März dokumentiert, daß der Staat offensichtlich mit seiner Erziehungsaufgabe in Schulen, Kindergärten und Universitäten überfordert ist. Das wäre halb so schlimm, denn Erziehung sollte ja größtenteils in der Familie stattfinden. Doch um die "Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten", sind sich Politiker über alle Parteien hinweg einig, das Konzept der Kinderkrippe vom Notbehelf zum Standard zu erheben - also dem maroden staatlichen Erziehungsmodell auch noch "die Lufthoheit über den Kinderbetten" zu geben - nach Martin Bormann und Margot Honecker verfolgt nun auch Renate Schmidt dieses Konzept. Ein klares Plädoyer gegen dieses Bestreben vertritt der Pädagoge Albert Wunsch, der für eine Werte- und Pflichtenvermittlung in der Familie, am Besten mit Geschwistern, eintritt. Diese sei die beste Garantie zur Entwicklung einer charakterstarken, sozial kompetenten, eigenständigen und leistungsfähigen Persönlichkeit (Abschied von der Spaßpädagogik. Für einen Kurswechsel in der Erziehung. Kösel-Verlag, München 2003, 228 Seiten, 17,95 Euro).

Berlusconi. Naturgemäß ist Silvio Berlusconi im linken Spektrum unbeliebt. Mehr dokumentiert auch das Buch nicht, in dem namhafte italienische Intellektuelle gegen den Ministerpräsidenten mit Häme und Polemik, jedoch auch mit kritischer Reflexion der gesellschaftlichen Situation Italiens zu Felde ziehen. Denn hauptsächlich wird gegen den vermeintlich rechten Medienmogul wegen seiner politischen Ansichten geurteilt, statt seine skandalösen Verstrickungen anzuklagen, die kaum mehr als "Bimbes"-Geschichten zu beschönigen sind. Nach der bereits erschienenen zweiten dürfte zumindest eine ergänzte dritte Auflage aufgrund Berlusconis umstrittener Beistandspolitik mit George W. Bushs Kriegsplänen spannendere Essays bereithalten (Berlusconis Italien - Italien gegen Berlusconi. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2002, 189 Seiten, PB, 11,90 Euro).

Odo Marquard. Prächtiges kleines Geschenk an die Leser: Zum fünfundsiebzigsten Geburtstag des Philosophen Odo Marquard hat dessen Hausverlag, Philipp Reclam jun. in Stuttgart, einen schönen, stabilen kleinen Band mit einigen der besten Essays des Jubilars herausgebracht, eine Bonbonnière ausschließlich mit Luxusstücken. Da begegnet der Leser der legendären Lobrede auf Loriot wieder, dem nicht minder vergnüglichen und lehrreichen "Lob des Polytheismus" oder der furiosen Rede "Über die Unvermeidlichkeit der Geisteswissenschaften". Wer diesen Band erwirbt, lernt (fast) alles über Marquard und seine Thesen - und beide haben es in sich (Zukunft braucht Herkunft. Philosophische Essays. Stuttgart 2003, 293 Seiten, 14,90 Euro).


 
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