© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/03 28. März 2003

 
Frisch gepresst

Antike Reiche im Blick. Für den britischen diplomatischen Dienst war die Beschäftigung mit Thukydides oder Plutarch, mit den alten Sprachen und der Geschichte der antiken Reiche jahrhundertelang Einstellungsvoraussetzung. Auch heute sollen Griechisch- und Lateinkenntnisse von Oxford- und Cambridge-Absolventen in diesem Metier als Empfehlung gelten. Im deutschen Auswärtigen Amt hingegen regierte einst und jetzt das Juristenmonopol - wie der Verlauf der Geschichte gezeigt hat: nicht zu unserem Heil. Nur einmal ist es einem promovierten Althistoriker gelungen, die diplomatische Saxo-Borussenfront zu durchbrechen und Weltgeschichte mitzugestalten: Kurt Riezler, dem außenpolitischen Berater des Reichskanzlers Bethmann-Hollweg. Riezler war Schüler Robert von Pöhlmanns, der die Reihe der von Jakob Seibert herausgegebenen Porträts Münchner Althistoriker eröffnet. Hinter Berlin und Leipzig ist die Besetzung des Münchner Lehrstuhls stets etwas zurückgeblieben, aber immerhin finden sich in der Reihe Männer wie Helmut Berve, Hermann Bengston und zuletzt Christian Meier, die mit ihren Büchern weit über die engen Fachgrenzen hinaus gewirkt haben. (100 Jahre Alte Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität 1901-2001, Duncker & Humblot, Berlin 2003, 228 Seiten, Abbildungen, 28 Euro).

Weltgeschichte am Teetisch. Für einen erfreulichen geringen Preis kann man ein Seitenstück zu den von Henry Picker belauschten "Tischgesprächen" aus dem Führerhauptquartier erwerben. Werner Koeppen, Verbindungsmann Alfred Rosenbergs, des machtlosen Reichsministers für die besetzten Ostgebiete, berichtete seinem Chef vom Juli 1941 bis Februar 1943 aus dem ostpreußischen Machtzentrum des Reiches. Was Koeppen an Hitlers Teetisch aufschnappte, sollte Rosenberg dazu dienen, seine Position im polykratischen Ringen um die "Federführung" im Osten zu verbessern - geholfen hat es dem als Leiter des "Chaos-Ministeriums" verspotteten Parteiideologen nicht. 29 Dokumente, die leider nur die Zeit von September bis November 1941 abdecken, sind überliefert, von Martin Vogt eingeleitet und sorgfältig kommentiert (Herbst 1941 im "Führerhauptquartier". Berichte Werner Koeppens an seinen Minister Alfred Rosenberg. Herausgegeben und kommentiert von Martin Vogt, Bundesarchiv, Koblenz 2002, XXXVIII, 106 Seiten, 7 Euro).


 
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