© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    15/03 04. April 2003


Die Medien und der Krieg
Journalisten im freundlichen Feuer
Dieter Stein

Der Irak-Krieg ist auch zu einem nicht unerheblichen Teil ein Krieg der Informationen. Noch nimmt die Weltöffentlichkeit, wenn auch mit abnehmendem Interesse, Anteil an der Schlacht am Golf. Aufmerksam beäugen die beteiligten Parteien, welche Bilder, welche Meldungen an die "Heimatfront" gelangen.

Nun zieht sich der Krieg zunehmend in die Länge. Immer weniger beherrschen die Computeranimationen aus dem Pentagon den Bildschirm, immer mehr Aufnahmen der schmutzigen Seite dieses Krieges dringen durch. Immer lauter werden die kritischen Stimmen gegenüber der Strategie der Alliierten.

Da ist es ein probates Mittel, die aufsässigen Medien unter Druck zu setzen. So warfen Vertreter der britischen Regierung dem altehrwürdigen Londoner Sender BBC einseitige Berichterstattung - zugunsten des Iraks - vor. Der Kabinettsminister John Reid soll BBC sogar beschuldigt haben, ein "Freund Bagdads" zu sein, berichtete die Zeitung Observer. BBC-Chefkorrespondent Andrew Marr entgegnete, die Regierung betrachte mittlerweile jeden, der sich um eine ausgewogene Berichterstattung bemühe, als Saddam-Freund.

In freundliches Feuer geriet auch der weltberühmte Kriegsreporter und Pulitzer-Preisträger Peter Arnett, der es gewagt hatte, in einem Interview mit dem irakischen Fernsehen zu sagen, die US-Strategie sei wegen der überraschend starken Gegenwehr der Iraker fehlgeschlagen. Postwendend feuerte der US-Fernsehsender NBC Arnett, der durch seine Exklusiv-Reportagen aus Bagdad im letzten Golfkrieg große Bekanntheit erlangte. Arnett half es nicht, daß er seinen Auftritt im irakischen Fernsehen nachträglich bedauerte. Dafür, daß er die Wahrheit berichtet habe, werde er sich aber nicht entschuldigen.

In Deutschland empörten sich Vertreter der Unionsparteien über die Kriegsberichterstattung der deutschen Medien. So machte der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion "klammheimliche Schadenfreude" bei amerikanischen Verlusten und Rückschlägen der Alliierten als "unverkennbar" aus. Große Teile der Berichterstattung seien "schlicht Agitation", meinte Pflüger, der derzeit in kaum einer Fernsehgesprächsrunde zum Irak-Krieg fehlt. Ruprecht Polenz, Medienexperte und Kurzzeit-Generalsekretär der CDU, beklagte, für deutsche Journalisten sei es offenbar "in Stein gemeißelt", daß der Angriff auf den Irak völkerrechtswidrig sei.

Sicherlich gibt es tendenziöse Berichterstattung bei den Medien. Es gibt aber auch den Fall, daß einfach nur der Überbringer der Nachricht dafür geschlagen wird, daß ihr Inhalt schlecht ist oder der Seismograph für ein von ihm angekündigtes Erdbeben mit dem Hammer bearbeitet wird. Am Ergebnis ändert es jedoch nichts.

Es ist somit die vornehmste Aufgabe unabhängiger Medien, den Regierungen immer wieder auf die Zehen zu treten und sich nicht instrumentalisieren zu lassen. Wenn sie dies tun, ist das gut so.


 
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