© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    16/03 11. April 2003

 
PRO&CONTRA
Rentenerhöhungen aussetzen?
Frido Flade / Hans Joachim Friedrich

Derzeit scheint es so, daß, allen finanziellen Schwierigkeiten der Sozialkassen zum Trotz, die Rentenanpassung am 1. Juli wie geplant vorgenommen werden soll. Schön für die Rentner, schlecht für die Wirtschaft. Dies mag hart klingen, doch in Zeiten leerer Kassen, steigender Arbeitslosigkeit, zunehmender Insolvenzen und schleppenden Wirtschaftswachstums müssen leider auch unpopuläre und auf den ersten Blick unsoziale Maßnahmen ergriffen werden. Zumal den Rentnern direkt nichts genommen werden soll, wenngleich eine Aussetzung der Rentenanpassung natürlich einer indirekten Kürzung gleichkommt. Doch wir sind der Ansicht, daß die rund 19 Millionen Rentner nicht umhin können, einen größeren Beitrag zur Stabilisierung des Sozialsystems zu leisten. Letztlich kommt dieser Verzicht ja ihnen zugute, denn nur eine gesunde deutsche Wirtschaft wird in der Lage sein, die erforderlichen Zahlungen auch in Zukunft zu leisten.

Viel wichtiger ist jedoch im Augenblick die Entlastung vor allem der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU), die als Hauptarbeitgeber auch die Hauptlast im Hinblick auf die Sozialleistungen zu tragen haben. Und gerade die KMU sind es, die zur Zeit nicht wissen, wie sie sich finanzieren und über Wasser halten sollen. Aber auch der jungen Generation müssen wieder Perspektiven eröffnet werden. Eine Senkung der Lohnnebenkosten ist daher längst überfällig und als einer der Bausteine, der die deutsche Wirtschaft wieder etwas in Schwung bringen kann, dringend erforderlich. Es steht zu befürchten, daß bei anhaltender Wirtschaftskrise die Rentenbeiträge auf 19,9 Prozent oder mehr ansteigen werden. Allein ein weiterer Anstieg um 0,4 Prozentpunkte würde dem Ziel, die Lohnnebenkosten zu senken und die KMU dadurch zu entlasten, entgegenwirken und das für 2004 mögliche Wirtschaftswachstum ausbremsen.

 

Frido Flade ist Vizepräsident der Vereinigung Mittelständischer Unternehmer e. V. (VMU) in München.

 

 

Die Finanzlage der Bundesrepublik ist katastrophal. Die Einnahmen der Rentenversicherer bleiben deutlich hinter Plänen der Bundesregierung zurück, so daß trotz aller Beteuerungen von Bundestagsabgeordneten den 23 Millionen Rentnern in diesem Jahr wegen neuer Löcher in der Rentenkasse eine Nullrunde droht. Dies verlautete erst kürzlich aus Kreisen der Rentenexperten der Tarifparteien in Berlin, die die Kassenlage der Rentenversicherer begleiten. Die Regierung plant eine Rentenerhöhung am 1. Juli voraussichtlich um 1 bis 1,4 Prozent. Für einen Durchschnittsrentner würde ein Verzicht auf die Erhöhung etwa elf Euro im Monat ausmachen. Bei einer Nullrunde könnte die Rentenversicherung rund eine Milliarde sparen. Erst kürzlich sprach ein Sprecher des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) von einer "dramatischen" Einnahmesituation der Rentenversicherung. Im vergangenen Jahr seien die Einnahmen nur um 0,15 Prozent gestiegen und damit weit hinter den Erwartungen der Bundesregierung geblieben, die von einer Steigerung von 2,5 Prozent ausgegangen war.

Die Rürup-Kommission hat zur Zeit den Auftrag, Vorschläge zur Sicherung des Rentensystems zu machen. Die Rentner leisten schon jetzt einen Beitrag. In der Zeit, in der die Riester-Rente aufgebaut wird, sind die Rentensteigerungen niedriger, als sie sonst gewesen wären.

Erst kürzlich erklärte SPD-Fraktionschef Müntefering gegenüber dem Handelsblatt, daß die Rentenerhöhung in diesem Jahr ausgezahlt wird. Davon gehe er aus!

Alle Sozialverbände sind der Meinung, daß die Rentenanpassung weder ausgesetzt noch verschoben werden darf. Und wenn man der Sozialministerin Glauben schenken darf, so werde es trotz der Finanzierungsprobleme in der Rentenversicherung 2003 keine Nullrunde für Rentner geben.

 

Hans Joachim Friedrich ist Bundesgeschäftsführer des Zentralverbandes der Sozialversicherten, der Rentner und deren Hinterbliebenen Deutschlands (ZdS) e.V.


 
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