© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    16/03 11. April 2003

 
Frisch gepresst

Kulturwissenschaftler. In den letzten Jahren konnte man den Eindruck gewinnen, daß nahezu jede geisteswissenschaftliche Disziplin bestrebt ist, sich ein "kulturwissenschaftliches" Mäntelchen umzuhängen, um jene Kompetenz im "interkulturellen Dialog" zu demonstrieren, von der ihre akademische Daseinsberechtigung abzuhängen scheint. Doch kaum jemand, der sich heute marktgerecht als "Kulturwissenschaftler" verkaufen möchte, weiß, daß er auf den Schultern von Riesen steht. Dem in Osnabrück lehrenden Germanisten Klaus Garber ist es daher zu danken, an diese Tradition mit einem Colloquium erinnert zu haben. Die Referate füllen nun einen stattlichen Sammelband über Kulturwissenschaftler des 20. Jahrhunderts, dessen Untertitel ("Ihr Werk im Blick auf das Europa der frühen Neuzeit") nur scheinbar auf eine spezialistische Verengung hindeutet. Denn tatsächlich konzentriert sich die Lebensarbeit von Forschern wie Aby Warburg, Edgar Wind, Paul Joachimsen, Konrad Burdach, Erich Auerbach, Josef Nadler, Ernst Robert Curtius, José Ortega y Gasset, Johan Huizinga, Alfred von Martin, Norbert Elias, Philippe Ariès oder Arnold Hauser mit der "Frühen Neuzeit" auf eine menschheitsgeschichtliche "Achsenzeit" und führt damit zurück auf die Ursprünge unseres "modernen" Bewußtseins (Kulturwissenschaftler des 20. Jahrhunderts, Wilhelm Fink Verlag, München 2002, 390 Seiten, 44,50 Euro).

Nationsbildung. Im August 2002 wurde der Kölner Historiker Otto Dann 65 Jahre alt. Dies haben einige seiner Schüler zum Anlaß genommen, den Jubilar mit einer Sammlung seiner eigenen Arbeiten zur Geschichte der politischen Vereinsbildung und der Ausbildung des Nationalgefühls zu ehren. Wie streng dabei die Auswahl ausfallen mußte, zeigt die beeindruckende Bibliographie der Titel, die Dann zu dieser Thematik in den letzten dreißig Jahren vorgelegt hat. Nicht berücksichtigt wurden leider Danns Arbeiten über Herders Anteil an der Ausbildung des deutschen Nationalbewußtseins oder die Skizze über den "Rechten Nationalismus in der Weimarer Republik". Entschädigt wird man dafür durch den leichten Zugriff auf "Nationsbildung im neuzeitlichen Europa" und den Erstabdruck von "Die politische Moderne und das Projekt der Nation" (Vereinsbildung und Nationsbildung. Sieben Beiträge, SH-Verlag, Köln 2003, 221 Seiten, 16,80 Euro).


 
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