© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    18/03 25. April 2003

 
Meldungen

Über Brüssel global an Einfluß gewinnen

WIESBADEN. Von einem Kurswechsel der deutschen Außenpolitik kann nur mit Blick auf die transatlantischen Beziehungen die Rede sein. Europapolitisch versucht das Gespann Schröder-Fischer wie gewohnt, seine globalen Ansprüche auf dem Umweg über Brüssel zu artikulieren. Zu dieser "integrationsorientierten deutschen Außenpolitik", so meint der Politologe Volker Rittberger (Politische Vierteljahresschrift, 1/03), gebe es jedoch keine realistische Alternative. Deshalb werde sich Rot-Grün weiter von der Hoffnung leiten lassen, auch ein pro-europäisches Kollektivbewußtsein ausbilden zu können, von dem 52 Prozent der Deutschen meinen, es stünde nicht im Widerspruch zur Bewahrung der nationalen Identität. Ankündigungen, deutsche Interessen in Brüssel kräftiger zu vertreten und so den tatsächlichen Einfluß in der immer größer werdenden Union endlich den hohen Beiträgen zum EU-Haushalt anzupassen, komme daher nur propagandistischer Wert zu. Deutschland wolle und könne nicht über das bescheidene Niveau einer "Mitführungsmacht" hinausgelangen, die zwischen "Selbstbehauptung und Selbstbeschränkung" balanciere.

 

Keine Konkurrenz von "alten" Trittbrettfahrern

DÜSSELDORF. Gegen eine Flut politikwissenschaftlicher USA-Kritik stemmen sich in Deutschland offenbar nur noch die journalistischen Makroökonomen von Handelsblatt und Wirtschaftswoche. Diese rheinischen Atlantiker entfalten nun in der Wirtschaftswoche (15/03) ein weltökonomisches Panorama, das nicht den geringsten Zweifel an der noch Jahrzehnte währenden US-Dominanz aufkommen lassen will. Die US-Unternehmen schufen zwischen 1995 und 2002 stolze 64 Prozent des globalen Wirtschaftswachstums. Diese Kraft werde zukünftig gewiß nicht von "Trittbrettfahrern" wie Europa und Japan gebrochen, die unfähig seien, ein sich selbst tragendes Wirtschaftswachstum zu schaffen. Nicht das Phantom eines starken EU-Wirtschaftsblocks schrecke daher Washington, sondern die traurige Realität reformunfähiger Nationalökonomien auf dem alten Kontinent.

 

Geschichte unters Leservolk bringen

SEELZE. Geschichte muß, wenn sie ihren Gegenstand ernst nimmt, die Fremdheit ferner Zeiten und fremder Kulturen verständlich machen. Zu den Vermittlungsmedien, die damit ihr Geld verdienen, gehören historische Magazine wie Damals und P.M History ebenso wie die der Zeitgeschichte gewidmeten Feuilletonseiten. Vor allem gegen die "populären" Magazine besteht seit jeher der Verdacht, bei ihnen werden mit vielen Hochglanzfotos ein historistischer Bilderbogen aber keine wissenschaftlich seriöse Information geboten. Im Organ der deutschen Geschichtslehrer sind deren Chefredakteure bemüht, dies für ein Klischee zu erklären (Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 2/03). Texte müßten nicht kompliziert geschrieben sein, um sich wissenschaftlich auszuweisen. Anders als Damals und P.M. History versucht die Geschichtsredaktion der Zeit, ihre Leserschaft massiv "vergangenheitspolitisch" zu infiltrieren, wie deren Chef Volker Ullrich ausführt, der es sich als Verdienst anrechnet, mit einer "groß gefahrenen" Rezension die Goldhagen-Debatte ausgelöst zu haben.

 

Erste Sätze

Mit unzulänglichen dilettantischen Kräften steht die politisch ungeschulte Nation vor der Aufgabe, an die Stelle von Bismarcks Werk etwas anderes zu setzen.

Max Weber: Deutschlands künftige Staatsform. Frankfurt am Main 1919.


 
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