© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    21/03 16. Mai 2003

 
Ostpreußischer Lebensweg
Ein General erinnert sich
Dietmar Rotsche

Generalmajor Gerd-Helmut Komossa, nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst lange als wehrpolitischer Kommentator für das Ostpreußenblatt tätig, hat seine Erinnerungen an Jugend- und Soldatenzeit geschrieben.

Komossa stammt aus Masuren, aus Rudczanny, dem nach 1933 eingedeutschten "Niedersee", wo er 1924 zur Welt kam. Kindheit und Schulzeit, das kleinstädtisch-bürgerliche Milieu, das er liebevoll zu schildern versucht, verschwindet mitunter hinter Stereotypen. Die Bildungserlebnisse in der tiefsten Provinz, die sich vor 1933 so stark der NS-Bewegung zugewandt hatte, bleiben leider etwas blaß. Komossas Erinnerungen gewinnen aber stets dann an Profil, wenn der Autor den Zeitgeist in Charakterporträts festhält. So bei seiner Hohensteiner Schuldirektorin Frau Dr. Schleiz, die ihre "nationalen Weihen" in den Kolonien empfangen habe, wo man auch als Frau stets "Herr" zu sein hatte.

Ausführlicher als über die Jugendzeit berichtet Komossa dann von seinem Einsatz als Oberfähnrich und Leutnant an der Ostfront, der 1943 begann und am 9. Mai 1945 bei Danzig endete. In der alten Hansestadt erlebte Komossa mitten in der Auflösung geradezu pandämonische Szenen, die dem Leser so im Gedächtnis bleiben wie die Erwähnung jenes hochdekorierten Offiziers, der sich am 9. Mai 1945 in Gegenwart seiner Kameraden erschießt. Es folgten vier Jahre in russischer Gefangenschaft, die aus Komossas Perspektive für den Leser jedoch kaum neue Perspektiven auftun - zu hoch türmt sich bereits der Berg der "Gefangenenliteratur".

Die zwei Frontjahre, die für Komassa mit soviel "Leben" angefüllt waren wie es Dezennien von Friedensbiographien nicht aufzuweisen haben, prägten sein soldatisches Selbstverständnis und sein positives Wehrmachtbild.

Kein Wunder, daß er, was dem Memoirencharakter des Buches nicht so ganz entspricht, zum Schluß noch gegen die "Offensive" des Herrn Reemtsma ausholt und es sich nicht verkneifen kann, die "Rote Zelle" beim Militärgeschichtlichen Forschungsamt ins Visier zu nehmen.

Gerd H. Komossa: Von Masuren an den Rhein. Heimkehr in die Fremde. Leopold Stocker Verlag, Graz 2003, gebunden, 231 Seiten, Abbildungen, 24,90 Euro


 
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