© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    23/03 30. Mai 2003

 
Auf gute Nachbarschaft
Fragen Sie den Apotheker Ihres Vertrauens: "Rechtsextremisten" sollen noch unbeliebter sein als Drogenabhängige
Richard Stoltz

Ausgerechnet die Apotheken-Rundschau veröffentlichte jetzt die Ergebnisse einer obskuren Meinungsumfrage des GfK-Instituts in Nürnberg, wonach die Deutschen keine "Rechtsextremisten" als Nachbarn haben wollen. Fast 87 Prozent der 1.953 Befragten hätten das zu Protokoll gegeben, heißt es triumphierend. Der Leser freilich wundert sich, daß es nicht 100 Prozent gewesen sind.

Allzu genau in Erinnerung ist ja noch jener von der Schröder-Regierung vor zwei Jahren inszenierte "Aufstand der Anständigen", als linke Aktivisten an den Türen von nichtsahnenden Zeitgenossen klingelten und das Sprüchlein aufsagten: "Wissen Sie eigentlich, daß neben Ihnen ein Rechtsextremist wohnt? Wollen Sie denn unbedingt Unannehmlichkeiten kriegen?" Unannehmlichkeiten durch bloße Nachbarschaft möchte natürlich niemand kriegen, sei es von wem auch immer.

Aber wieso beschäftigt sich die Apotheken-Rundschau mit solchem staatlichen Terrormist? Aufschluß könnte eine weitere Behauptung in dem Artikel geben, wonach die Aversion gegen "Rechtsextreme" in der Nachbarschaft (von denen der Hausbewohner in der Regel gar nichts merkt) größer sei als die Aversion gegen Drogenabhängige in der Nachbarschaft (von denen der Hausbewohner oft nur allzu viel merkt und gegen die er dann manchmal auch protestiert).

Drogenabhängige, was man auch sonst gegen sie haben mag, sind für Apotheken ein Gewinnfaktor. So wird sich wohl der pharmazeutische Gutmensch, als er den Artikel in der Rundschau fabrizierte, voll innerem Grimm gesagt haben: "Gegen Rechtsextreme als Nachbarn protestieren die Leute nicht, wohl aber gegen Drogenabhängige, obwohl die doch was einbringen. Da sieht man wieder mal, wie faschistoid unsere Gesellschaft ist." Merke aber: Nicht alles, was einem das Geschäft vermasselt, ist deshalb schon faschistoid.


 
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