© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    23/03 30. Mai 2003

 
SARS: Ein kleiner Virus treibt sein Unwesen
Vom Weltall droht Gefahr
Steffen Königer

Nach dem Irak-Krieg mußte dringend Schlagzeilenersatz gefunden werden. Was lag da näher als ein paar böse, kleine Coronaviren, die herrlich einfach abzubilden waren. Endlich ein Ersatz für den viel schwieriger dingfest zu machenden Saddam Hussein! SARS ist aber auch eine äußerst unsympathische Krankheit, die seit November 2002 ihre Globalisierung in die Wege leitet. Wenig Zuneigung verspricht schon der Name: "Severe acute respiratory syndrome" bedeutet er ausgeschrieben. Zu deutsch also: "Schweres akutes Atemwegssyndrom". Nur für die Medien ist das kleine Mistding vielsprechend. Es schickt zwar keine Tonbandaufnahmen zu Al-Dschasira und es tauchen nicht Monate nach Beginn seiner Entdeckung irgendwelche Videos auf. Wenn man es filmen will, braucht man nur ein Miskroskop anzuknipsen und, zack, hat man es vor der Linse.

Doch wo kommt der Virus her? Foscher haben es jetzt herausgefunden: Die Zibetkatze wars. In der südchinesischen Provinz Guangdong werden exotische, vom Aussterben bedrohte Tiere häufig in Restaurants angeboten. Macht nichts, jetzt wird die Gourmetmietz halt künftig in Farmen gezüchtet und ausreichend geimpft! Jetzt heißt es plötzlich, jeder kann an SARS sterben. Selbst Geheilte können wieder krank werden. Die Schreckensmeldungen laufen über alle Kanäle. Auf RTL hieß es am Donnerstag letzter Woche gar, der Virus könne vom Weltall aus auf die gesamte Erde herabrieseln! Außerdem kann er über 24 Stunden auch außerhalb des menschlichen Körpers überleben. Vor allem in Exkrementen von Infizierten treibt er sein Unwesen. Das hat zumindest die Weltgesundheitsorganisation herausgefunden. Und wie soll er dann vom Weltraum aus zu uns finden? Mit was um alles in Welt treiben die Chinesen ihre Raketen an?

Noch schärfer: Jenen, die das Virus vorsätzlich verbreiten, wird mit Exekution oder einer lebenslangen Gefängnisstrafe gedroht, berichtet die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua. Auch mit Personen, die sich nicht behandeln lassen wollen, könnte kurzer Prozeß gemacht werden, allerdings vermutlich nur dann, wenn sie die Krankheit überleben. Wer sich gegen die Quarantänemaßnahmen wehrt, kann bis zu sieben Jahre in den Knast wandern. Sieht man nun einige Chinesen mit Mundschutz durch die Gegend wandeln, und mit einer Pistole herumfuchteln, sind die nicht etwa mit der Liquidierung von Verurteilten beschäftigt, sondern messen lediglich mit einem Laserstrahl die Temperatur von vorbeieilenden Passanten. Ob sich im neuentwickelten Gerät auch gleich ein Reservemagazin mit scharfer Munition befindet, bleibt vorerst das süße Geheimnis der Partei- und Staatsführung.


 
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