© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    25/03 13. Juni 2003

 
Zeitschriftenkritik: Scouting
Nachwuchs für eine Ideologie
Werner Olles

Als "Unabhängige Zeitschrift für Pfadfinderinnen und Pfadfinder" erscheint Scouting vierteljährlich im 20. Jahrgang. Unter dem Motto "Vorwärts zu den Quellen" will die ausschließlich von ehrenamtlichen Mitarbeitern aus der Pfadfinderbewegung erstellte Zeitschrift die Idee Lord Baden Powells veranschaulichen. Gerade weil sie die einzige Pfadfinder-Zeitschrift im deutschen Sprachraum ist, die nicht zugleich ein Gruppen-, Bundes- oder Dachverbands-Organ ist, wähnt sie sich unabhängig genug, sowohl über die Pfadfinderei als solche wie über alle Gruppen, Bünde und Verbände zu berichten.

In Scouting kommen jedoch auch die vielen kleinen Verbände und Gruppen zu Wort, die nicht zum "Weltverband der Pfadfinder" gehören, da es hierzulande keinen Nationalverband gibt, wie das in fast allen Ländern der Fall ist. Hinzu kommt ein spezifisch deutsches Phänomen, daß die zum Weltverband gehörenden Bünde, insbesondere die "katholische" Deutsche Pfadfinderschaft St.Georg (DPSG), zu den offiziell nicht anerkannten Bünden traditionell ein ziemlich gespanntes Verhältnis haben. Tatsächlich ist jedoch gerade die Jugendarbeit letzterer sowohl pädagogisch als auch politisch nicht derart einseitig (links-grün), sondern relativ ausgewogen bzw. unpolitisch. Obwohl bei der DPSG zumeist typische berufsjugendliche Sozialpädagogen den Ton angeben, die sich als diözesane Angestellte längst von ihren Wurzeln und Ursprüngen in den katholischen Verbänden "fortentwickelt" haben, kommen "anerkannte" und nicht "anerkannte" Pfadfinder an der Basis gut miteinander aus und arbeiten teilweise zusammen.

Wie echtes, gelebtes Pfadfindertum heute "modernisiert" wird, macht beispielsweise eine "kritische Sprachanalyse zum Pfadfindergesetz der DPSG" klar, in der unter dem Titel "Der Beliebigkeits-Pfadfinder" Auszüge aus dem einst allgemeingültigen "alten" Pfadfindergesetz einer überarbeiteten "neuen" Fassung gegenübergestellt werden.

Hieß es zum Beispiel noch 1949: "Auf die Ehre eines Pfadfinders kann man unerschütterlich bauen!", so heißt es nun lapidar: "Man kann sich auf mich verlassen". Ähnlich erging es auch den übrigen Gesetzen, so wurde aus "Der Pfadfinder ist treu Gott, der Kirche und dem Vaterland!" die laue Formel "Ich werde immer zu meiner Gruppe halten und zu den Menschen, die mir vertrauen". Derlei politisch angepaßte, nichtssagende Aussagen, die völlig zu Recht als "Pfadfinder Correctness" bezeichnet werden, ziehen jedoch der Pfadfinder-Bewegung langsam aber sicher den Boden unter den Füßen weg. Analog zu einem Modernismus in der religiösen Seelsorge wird hier in Wirklichkeit "die Umwandlung einer erfolgreichen Jugendarbeit in eine Institution zur Gewinnung von Nachwuchs für eine Ideologie" betrieben, wie ein Autor schreibt.

Zum Glück kann Scouting aber auch über positive Erlebnisse und Aktionen berichten. So über das 20. Welt-Pfadfinder-Treffen in Thailand, an dem fast 30.000 Pfadfinderinnen und Pfadfinder aus 147 Ländern teilnahmen und bei dem auch der Ring deutscher Pfadfinderverbände (RdP) mit einem stattlichen Kontingent vertreten war.

Anschrift: Scouting. Postfach 20, 96147 Baunach. Der Einzelpreis beträgt 6 Euro, das Jahresabo kostet 27 Euro.


 
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