© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    30/03 18. Juli 2003

 
Irak-Krieg
Das Ende der Lügen
Dieter Stein

Scharf haben wir die US-amerikanischen Pläne für einen Angriff auf den Irak in dieser Zeitung kommentiert. Nicht weil uns an einer Verklärung des irakisches Regimes gelegen gewesen wäre - im Gegenteil. Doch es waren die offensichtlich vorgeschobenen fadenscheinigen Begründungen, mit Hilfe derer per Völkerrechtsbruch ein Land durch die USA überfallen wurde, die einen entsetzen mußten.

Nun fallen die Lügen in sich zusammen. Der britische Premierminister Blair und der amerikanische Präsident Bush sehen sich einem wachsenden öffentlichen Druck gegenüber. Briten und Amerikaner können das Gerede über angebliche phantastische Massenvernichtungs-Programme nicht mehr hören.

Den USA war es trotz einer enormen propagandistischen Drohkulisse nicht gelungen, den Uno-Sicherheitsrat zu einer völkerrechtlichen Legitimation ihres Angriffs auf den Irak zu erpressen. Sie sind dabei am Widerstand Frankreichs, Deutschlands und Rußlands gescheitert, für die offenkundig war, daß es sich um ein Spiel mit gezinkten Karten handelte. Scott Ritter, der von 1991 bis 1998 die erste Uno-Kommission zur Abrüstung in Irak geleitet hatte, wirft in einem jetzt in New York vorgestellten neuen Buch der US-Regierung vor, Parlament und Öffentlichkeit belogen zu haben. Einen Beweis für noch existierende illegale Massenvernichtungswaffen habe es nicht gegeben. Bush sei es allein um einen Regimewechsel gegangen.

Indessen zeigt die Fraktion bedingungsloser Atlantiker in Deutschland von Klose über Pflüger bis Schäuble, die sich innenpolitisch unkritisch als Verstärker amerikanischer Kriegspropaganda betätigt hatten, keine Anzeichen von Nachdenklichkeit.

Statt dessen werden immer aberwitzigere Vorschläge laut. Der immer noch als außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion fungierende Friedbert Pflüger sagte jetzt allen Ernstes der in Dresden erscheinenden Sächsischen Zeitung, Deutschland werde beim zivilen Aufbau und bei der militärischen Sicherung mitwirken müssen, falls die Nato von den Vereinten Nationen darum gebeten werde. "Die Bundesregierung wird sich einer solchen Bitte nicht entziehen können", so Pflüger.

Ganz offensichtlich haben sich die USA bei ihrem Irak-Abenteuer verhoben. Ihre beinahe schon sprichwörtliche Instinktlosigkeit stellten die Amerikaner unter Beweis, als sie den Tag des Sieges über den Irak nun zum neuen irakischen Nationalfeiertag ausloben ließen. Eine seltene Unverschämtheit - auf die Idee, den 8. Mai zum Feiertag zu machen, ist man noch nicht einmal in Deutschland gekommen. Zwar gelang es schneller als von manchem erwartet, das Saddam-Regime niederzuwerfen, doch nun spielt die Zeit gegen die Besatzungsmächte. Monatlich kostet die Militärpräsenz 4,8 Milliarden Dollar. Beinahe täglich kommen US-Soldaten bei Überfällen irakischer Freischärler ums Leben.

Nun wird das "alte Europa" gebeten, sich an den finanziellen und menschlichen Kosten dieses Desasters zu beteiligen. Die Antwort darf auch weiterhin nur lauten: Nicht mit uns!


 
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