© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    33/03 08. August 2003

 
Entlarvendes Zitierkartell
Die Neue Rechte im Blick
Matthias Bäkermann

Ein buntes Autorenteam um Herausgeber Martin Schweer mit der Schützenhilfe des Polit-Rentners Manfred Stolpe nähert sich aus "einer interdisziplinären Perspektive" der "deutschtümelnden" und ausländerfeindlichen "Neuen Rechten". Mit ihrer Untersuchung wollen sie nichts geringeres als eine "Immunisierungshilfe in der Prävention" gegen den Befall dieses bösen und infektiösen Gedankengutes aufbieten.

Leider läßt sich mit einer pädagogisch-psychologischen Allerweltsrhetorik und der Forderung nach "gesellschaftlichen Veränderungen", die gefährdete Personen "gegen undemokratische Ideologien gefeit" machen möchte, kaum ein geeignetes Elixier herstellen. Um die wenigen Seiten des Buches überhaupt zum Thema "Neue Rechte" zu füllen, müssen auch "Forschungs"-Arbeiten aus diversen Nebengebieten thematisch eingemeindet werden, wie die "Berichterstattung über Integration", in der eine latente und offene Diskriminierung der Ausländer beklagt wird, die diese praktisch in ihre Parallelgesellschaften nötige. Auch eine "historische Lektion zur Neuen Rechten" wird aufgeboten, welche die Hitler-Jugend als mahnendes Beispiel dafür anführt, wohin die vermeintliche Anleitung von Kameradschaft, Gemeinschaft und Erlebnis an Jugendliche führen kann. Zur "Neuen Rechten" selbst erfährt der Leser dagegen nichts Substanzielles oder gar Neues.

Das einleitende Eingeständnis vieler Unsicherheiten und fehlender Erkenntnisse hätte sich schon allein dadurch vermeiden lassen, daß man sich gedanklich nicht kategorisch verschlossen hätte. Statt dessen schmort man intellektuell vereinsamt im eigenen Saft. Die in dem Sammelband bis zum Exzeß vorgeführte Praxis des gegenseitigen Zitierens, Bezugnehmens und Anführens im jeweiligen Literaturteil erlebt mit dem Dortmunder Politologen Christian Schicha eine groteske Kulmination, indem er im eigenen Anmerkungsteil mehrfach auf sich selbst Bezug nimmt. Denjenigen, die diese leichte Kost als argumentatives Rüstzeug annehmen sollten, steht auf jeden Fall in drohenden Foren mit nur viertelgebildeten Diskussionsgegnern ein Cannae ins Haus.

Martin Schweer: Die Neue Rechte. Eine Herausforderung für Forschung und Praxis. Verlag Peter Lang, Frankfurt/ Main 2003, 138 Seiten, brosch., 24,90 Euro


 
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