© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    33/03 08. August 2003

 
Meldungen

NS-Geschichte: Nur Mitläufer-Erzählung

BERLIN. Ein Historikerstreit ist noch nicht zu Ende, da droht schon ein neuer. Während um die wissenschaftspolitische Rolle von Hans Rothfels, des "Vaters" der bundesdeutschen Zeitgeschichte, soeben wieder einmal auf zwei Tagungen gestritten wurde (FAZ vom 19. Juli), sorgt das moralisch hochgerüstete Mammutwerk von Nicolas Berg "Der Holocaust und die westdeutschen Historiker" für feuilletonistische Schlagzeilen. Wieder einmal hat sich ein "zorniger junger Mann" zum moralisch motivierten, vielhundertseitigen Großvatermord hinreißen lassen. Nur sind es diesmal nicht die üblichen "NS-Verstrickungen", mit denen man die Exponenten der Rothfels-Generation vorführen kann. Es geht um die bundesdeutschen Vergangenheitsbewältiger vom Format eines Martin Broszat, langjähriger Direktor des Münchner Institutes für Zeitgeschichte (IfZ). Um zu zeigen, daß er der bessere Bewältiger ist, denunziert Berg die vom IfZ betriebene "Aufarbeitung" des NS-Staates als "Mitläufer-Erzählung", als geschickt inszenierte Beschweigung des Holocaust durch den 1944 noch 18jährig in die NSDAP eingetretenen Broszat und den ebenfalls belasteten Amtsvorgänger Helmut Krausnick, einen Parteigenossen von 1931. Doch gerade weil Berg seine Anklagen dem nervigen Gezeter Daniel Goldhagens angleicht und insgesamt "keine großen Überraschungen" (Andrea Eckart in Literaturen, 7-8/03) geboten werden, besteht eine leise Hoffnung, daß die angestrebte Skandalisierung sich gegen die Hitze dieses Sommers nicht durchsetzt.

 

Gezeitenwechsel: Wie ein Verlag abrüstete

FRANKFURT/MAIN. Der kleine Verlag von Junker und Dünnhaupt zählte nach 1933 zu den Gewinnern der "nationalen Erhebung". Und das, obwohl er kein dezidiertes NS-Programm bot, nicht einmal mit Autoren der "Konservativen Revolution" aufwarten konnte, die anderweitig, bei der Hanseatischen Verlagsanstalt oder bei Eugen Diederichs, gebunden waren. Junker und Dünnhaupt setzte statt dessen auf die konservativ-revolutionär eingefärbten Geisteswissenschaften, die Rechtswissenschaften und hier vor allem auf das Völkerrecht. 1940 konnte man mit Arnold Gehlens philosophischer Anthropologie "Der Mensch" sogar ein Jahrhundertwerk präsentieren. Nach 1945 war es für die politisch "belasteten" Verleger unmöglich, wieder eine Lizenz zu erhalten. Wie es trotzdem gelang, einen Teil der alten Strukturen unter dem Dach des neugegründeten Athenäum Verlages zu erhalten, erzählt Klaus Körner, der mit dieser Verlagshistorie zugleich Einblicke in die Geschichte politischer Mentalitäten der Adenauer-Republik vermittelt und ein Stück Schoeps'scher Zeitgeschichte liefert (Aus dem Antiquariat. Zeitschrift für Antiquare und Büchersammler, 2/03). Der Athenäum Verlag habe sich in den fünziger Jahren mit den Memoiren der Feldmarschälle von Manstein und Kesselring sowie weiteren Erfolgen "alter" historisch-politisch versierter Autoren aus dem Umfeld des Auswärtigen Amtes wieder gut ins Geschäft bringen können, sei aber am "Gezeitenwechsel" von 1959 gescheitert. Der sich in den Kölner Hakenkreuzschmierereien ankündigende Geist der Vergangenheitsbewältigung, die neu etablierte literarische Szene der Böll und Grass, habe die Umsatzzahlen zurückgehen lassen. Gerade rechtzeitig sei Athenäum deshalb von Alfred Metzner in Frankfurt übernommen worden, der "vor 1968" erfolgreich die "Entmilitarisierung" des Programmes betrieben habe.

 

Erste Sätze

O Ferienmorgen meiner Jugendtage!

Agnes Miegel: Mein Bernsteinland und meine Stadt, Königsberg 1944:


 
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