© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    36/03 29. August 2003

 
Frisch gepresst

Faschismus. Der Berliner Historiker Ernst Nolte schuf mit seinem 1963 erschienenen Buch "Der Faschismus in seiner Epoche" den Anstoß zu einer teilweise hysterisch geführten Debatte. Der Bildband "Faschismus. Von Mussolini zu Hitler" gehörte zu einer informellen Reihe "Werke zur Phänomenologie des Faschismus". Nachdem dieses Buch zwanzig Jahre lang vergriffen war, wurde es nun im Antaios Verlag in reich illustrierter Form neu aufgelegt. In seinem Vorwort weist Nolte auf die Wichtigkeit der "optischen Dimension" von Fotografien und Faksimiles gerade der faschistischen Bewegungen hin, die einen direkteren Zugang ermöglichen können. In der Tat führt die Neuauflage dem Leser auf 389 Seiten ein Konzert vielfach unbekannter Bilder vor, die in ihrer häufigen Darstellung von Marschkolonnen, Uniformen und Aufmärschen die Gleichheit der angewandten Ausdrucksmittel faschistischer Politik dokumentieren, die nicht nur in Deutschland und Italien die Zeitgenossen erfolgreich zu ködern vermochte (Faschismus. Von Mussolini bis Hitler. Schnellroda 2003, 45 Euro).

Burgfriede und Volksgemeinschaft. Die in der Forschung gängige Kontinuitätsthese, welche die "Ideen von 1914" als Vorläufer der nationalsozialistischen Ideologie betrachtet, erfährt in der Dissertation des Historikers Steffen Bruendel eine präzisere Analyse. Er unterstreicht zwar den sich bereits während des Krieges andeutenden Zerfall "bestehender Legitimationsmuster" zugunsten eines staatlichen Korporativismus, dessen integrative Nationsidee durch den "Burgfrieden" von 1914 aber spätestens mit der Niederlage vor die Hunde ging. Ihre nationalistische "Legitimationsverheißung" in Form einer Gegenthese zu 1789, die man der deutschen Intelligenz in ihrem chauvinistischen "Krieg mit der Feder" unterstellte, verwirft Bruendel jedoch. Auch das "patriarchalisch-autoritäre Konsensmodell" ordnet er sowohl für eine demokratisch-konstitutionelle Staatsvorstellung als auch für die völkisch-exklusive Volksgemeinschaftsidee als zu vage ein. "Sich im Kriege zusammenzuschließen und zu organisieren ist nichts Besonderes", kommentierte Max Weber schließlich schon 1916 die Verklärung dieser "Ideen" (Volksgemeinschaft oder Volksstaat. Die "Ideen von 1914" und die Neuordnung Deutschlands im Ersten Weltkrieg. Akademie Verlag, Berlin 2003, 403 Seiten, 49,80 Euro).


 
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