© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    40/03 26. September 2003

 
Finanzgebaren
Universität: Mittelverschwendung in Braunschweig
Christian Vollradt

Die Vorwürfe, die die Mitglieder des derzeitigen Allgemeinen Studentenausschusses (AStA) der Technischen Universität Braunschweig gegen ihre Amtsvorgänger erhoben hatten, sind in einem Abschlußbericht, der vergangene Woche dem Universitätspräsidenten übergeben wurde, erhärtet worden.

Das im Sommersemester amtierende Bündnis aus bürgerlichen Studentenlisten hatte aufgedeckt, daß die linken Asten der Vorjahre Gelder in einem sechsstelligen Betrag nicht ordnungsgemäß verwendet hatten. Konkret ging es um Darlehen eines "Hilfsfonds für unverschuldet in Not geratene Studenten", die ausgezahlt, aber nicht wieder zurückgefordert worden waren.

Jährlich stehen im Haushalt der Studentenschaft dafür 40.000 Euro zur Verfügung. Moniert wurde neben der unklaren Vergabepraxis, aus der nicht hervorgehe, ob die Darlehensnehmer tatsächlich bedürftig waren, die Tatsache, daß 275 Studenten das Geld bislang nicht zurückzahlten. In über 100 Fällen seien keine Unterlagen mehr vorhanden. Rechnet man die Fälle in dem fraglichen Zeitraum seit 1984 hoch, so ergebe dies ein Defizit von 660.326 Euro, heißt es im Abschlußbericht. Hinzu komme, daß neun Mitglieder früherer Asten oder des Hilfsfondsausschusses selbst während oder nach ihrer Amtszeit in den Genuß solcher Darlehen gekommen seien.

Ein finanzieller Schaden in Höhe von 54.219 Euro zum Nachteil der Studentenschaft sei zudem durch die Hochgrupppierung von Bediensteten des AStA in eine höhere Besoldungsstufe erwachsen. Der Bericht, der auch an das niedersächsische Forschungsministerium weitergeleitet wurde, führt gleichfalls auf, daß "jahrzehntelang Gelder in nicht-studentische Organisationen geflossen oder für nicht hochschul-bezogene Zwecke ausgegeben" worden seien. Beispiel hierfür sei ein mit 500 Euro bezuschußtes Seminar über den "weiblichen Körper".

Der Braunschweiger CDU-Landtagsabgeordnete Kurt Schrader kündigte an, das Finanzgebaren des AStA im Ausschuß für Wissenschaft zu thematisieren. Ungeklärt bleibt allerdings die Frage, wieso die jetzigen AStA-Mitglieder nicht schon vorher als Opposition auf diese Unregelmäßigkeiten stießen. Üblicherweise müssen Haushaltspläne und Kassenprüfungsberichte dem Studentenparlament vorgelegt werden.

Einen Fehler mußten die Verfasser des Berichtes jedoch schon kurze Zeit nach Erscheinen einräumen: So hätten für Druckaufträge eines Friedensbündnisses an die AStA-Druckerei die Genehmigungen entgegen vorherigen Behauptungen doch vorgelegen.

Eine Sprecherin der Organisation hatte darauf hingewiesen, daß die Kosten für den Druck von Flugblättern zum Teil von Bündnismitgliedern übernommen worden seien; ein solches Mitglied war auch der alte AStA. Dessen ungeachtet bleibt der Vorwurf der Zweckentfremdung.

Auf ein besonders dankbares Echo unter den Studenten der TU scheint die Aufdeckungsarbeit des bürgerlichen AStA unterdessen nicht gestoßen zu sein: Nach nur einem Semester erfolgte schon die Abwahl, ab dem 1. Oktober diesen Jahres übernehmen bereits wieder linke und linksradikale Listen das Ruder.


 
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