© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de 43/03 17. Oktober 2003
 


Der Union fehlt die moralische Kraft
Philipp Mißfelder, Bundesvorsitzender der CDU-Nachwuchsorganisation, über Arbeitszeiten und Abtreibung
(idea)

Zu einschneidendem Verzicht hat der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder, aufgerufen. "Der Urlaub muß verkürzt, die Wochenarbeitszeit verlängert werden und der Berufseinstieg früher erfolgen, wenn wir international wettbewerbsfähig bleiben wollen", sagte er in einem Interview mit der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Der 24jährige Chef der Nachwuchsorganisation von CDU und CSU kündigte an, daß Junge Union und Senioren-Union gemeinsam Reformvorschläge auf der Basis der Vorschläge der Herzog-Kommission vorlegen werden. Nach Mißfelders Ansicht muß der Ruhestand später beginnen: "Wenn die Bürger bald durchschnittlich 80 Jahre alt werden, müssen sie auch bis 70 arbeiten, sonst wird das ganze nicht bezahlbar sein."

Mißfelder hatte im Sommer mit seiner Aussage, 85jährige dürften künstliche Kniegelenke nur noch mit privater Zuzahlung erhalten, einen Sturm der Entrüstung entfacht. Mißfelder weist darauf hin, daß schon heute für alte, schwerkranke Menschen in Krankenhäusern aus finanziellen Gründen nicht mehr alles getan werde.

Dabei dürfe man nicht nur ans Geld denken, sondern auch an das persönliche Engagement: "Zum Beispiel könnten wir uns die erste Stufe der Pflegeversicherung sparen, wenn die junge Generation der älteren mehr helfen würde." Studenten könnten für Ältere einkaufen, und Ältere könnten Familien mit Kindern etwa durch Hausaufgabenbetreuung beistehen.

Mißfelder nahm auch zu bioethischen Fragen Stellung. Er steht einer weiteren Liberalisierung der Gentechnik kritisch gegenüber: "An dieser Stelle bin ich Globalisierungsgegner." Als Christ könne er auch nicht Ja sagen zur Aussonderung von behindertem Leben durch die Präimplantationsdiagnostik. Nicht hinnehmbar findet Mißfelder, daß in Deutschland jährlich rund 150.000 Kinder im Mutterleib getötet werden, so die Zahl der gemeldeten Abtreibungen. Es sei ein Unding, daß die meisten Schwangerschaftsabbrüche mit sozialen Notlagen begründet würden. Schwangere würden oft alleingelassen: "Man drückt ihr lediglich einen Beratungsschein in die Hand, der dann oft genug zur Abtreibung führt."

Mißfelder sprach sich dafür aus, das "C" im Namen der Unionsparteien stärker hervorzuheben. Die Sehnsucht nach Werten nehme gerade in der jüngeren Generation zu. Momentan sei die CDU aber "leider keine moralische Kraft".


 
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