© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/03 05. Dezember 2003

Unsterblich
Johannes Heesters zum Hundertsten
Werner Olles

Allein daß ein Mensch das biblische Alter von 100 Jahren erreicht, ist ein Grund, sich näher mit ihm zu beschäftigen. Und wenn der dann auch noch Johannes Heesters heißt und seit rund 70 Jahren zu den populärsten Schauspielern Deutschlands zählt, ist eine würdige Gratulationscour durchaus angebracht. Denn immerhin gehört der Jubilar inzwischen zu den weltweit am längsten aktiven Schauspielern. So feierte er mit 94 sein 75jähriges Bühnenjubiläum, um anschließend gemeinsam mit seiner Frau, der 45 Jahre jüngeren Schauspielerin Simone Rethel, als Hauptdarsteller von Flatows Drei-Stunden-Stück "Ein gesegnetes Alter" auf Tournee zu gehen.

Geboren wurde Johannes "Joopie" Heesters als Sohn eines Kaufmanns am 5. Dezember 1903 im niederländischen Amersfoort. Ursprünglich wollte er Priester werden, absolvierte dann aber eine Banklehre, an die sich eine Gesangs- und Schauspielausbildung anschloß. Nach Theater-Engagements in Amsterdam, Den Haag, Rotterdam und Brüssel drehte er 1924 - noch zu Stummfilmzeiten - seinen ersten Spielfilm: "Cirque Hollandais". Der Tonfilm machte es dann möglich, auch seine Begabung als Sänger im Kino unter Beweis zu stellen. Zunächst sattelte er jedoch zum Operetten-Tenor um und debütierte 1934 an der Wiener Volksoper. Ein Jahr später gastierte er in der Berliner Komischen Oper, dem Metropol-Theater und dem Admiralspalast.

In Berlin begann Heesters große Filmkarriere bei der Ufa. "Der Bettelstudent" machte ihn 1936 zum Star, dem das Publikum, vor allem das weibliche, zu Füßen lag. Frack, Zylinder und weißer Seidenschal wurden zu seinen Markenzeichen. Mit Eleganz, unnachahmlichem Charme und Humor bezauberte er, eingebettet in das Studiosystem der Ufa-Traumfabrik, mit seinen Revue- und Gesangsauftritten im gleißenden Rampenlicht die Menschen.

Heesters blieb auch während des Zweiten Weltkrieges in Deutschland, was ihm vor allem aus seiner holländischen Heimat - und nach 1945 auch hierzulande - massive Schmähungen einbrachte. Er selbst hat sich jedoch immer als einen völlig unpolitischen Menschen bezeichnet, und seine erfolgreichen Filme wie "Hallo Janine" mit Marika Rökk, "Rosen in Tirol" mit Hans Moser oder "Es fing so harmlos an" mit Theo Lingen bestätigten dies eindrucksvoll.

Nach dem Krieg wandte er sich trotz seines Erfolges beim Film wieder stärker dem Theater zu, um bestimmten Rollenklischees zu entgehen. Man verglich ihn nun mit Maurice Chevalier und Fred Astaire, doch der persönlich äußerst zurückhaltende und bescheidene Star lehnte mit dem Hinweis auf sein künstlerisches Selbstverständnis als "Schauspieler, der auch singen kann" solche Vergleiche stets ab.

Über sein langes und reiches Künstlerleben hat der mit zahllosen Preisen Geehrte in seinen autobiographischen Büchern "Ich bin gottseidank nicht mehr jung" (1993) und "Auch hundert Jahre sind zu kurz" (2003) anschaulich berichtet. Als Hundertjähriger zieht er nun in den Olymp der "Unsterblichen" ein.


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