© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 52/03 19. Dezember 2003 u. 01/04 26. Dezember

Meldungen

EU-Verfassung: Pariser Sonderweg

FRANKFURT/MAIN. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist der leidige Kopftuchstreit als rechtlich-administratives Problem zunächst einmal vertagt, bleibt aber gleichwohl multikultureller Dauerbrenner. Obwohl im europäischen Kontext die Kohl-Regierung für eine religiöse Bezugnahme - auf Gott und den christlichen Glauben - der projektierten EU-Verfassung eintrat, wie sie Papst Johannes Paul II. im September 2002 als Festschreibung einer "geschichtlich-kulturellen Realität" forderte und wie sie jetzt von rot-grüner Seite zumindest nicht explizit negiert wird, hätte ein gerichtlich abgesegnetes Kopftuchverbot Deutschland gerade in diesen Monaten in eine auffällig laizistische Position - ähnlich dem radikal-laizistischen Frankreich - gebracht. Die französische Republik als härtester Widersacher der konstitutionellen Fixierung, so der Münsteraner Verwaltungsrechtler Hans-Georg Franzke (Zeitschrift für Rechtspolitik, 10/03), verstehe sich als "areligiös", also neutral gegenüber allen religiösen oder sittlich-moralischen Anschauungen, und habe daher die Kirchen strikt in den privatrechtlichen Bereich verbannt. Selbst wenn religiöse Bezüge in die Unverbindlichkeit der Verfassungspräambel abgeschoben würden, könnte Paris kaum zustimmen. Denn bei der Anwendung europäischen Rechts spiele die Präambel in der Auslegung des eigentlichen Vertragstextes durchaus eine Rolle. Für Franzke stellt diese Gefahr die Franzosen vor die Alternative, entweder das Laizismusprinzip kompromißlos zu behaupten oder ihre nationale Verfassung zu revidieren.

 

Vom Sozialismus der Grundrente

STUTTGART. Das babylonische Stimmengewirr, ausgelöst von der schlichten Frage "Was geschieht mit der Rente?", ist kaum noch zu steigern. Klarheit ist offenbar auch dann nicht zu erreichen, wenn man ein halbes Dutzend Sozialwissenschaftler einlädt, sich doch einmal "grundsätzlich" mit dem Thema zu beschäftigen, so wie im jüngsten Schwerpunktheft (689/03) zum Thema "Jung gegen Alt?" von Universitas. Der Berliner Politologe Herfried Münkler, der jüngst als Spezialist für "neue Kriege" konsultiert wurde, muß hier das Metier nicht wechseln, wenn er die Rentenproblematik als "Generationenkrieg" deutet. Ob allerdings die Andeutung einer konstruktiven Lösung, nämlich die Front der Jungen durch die Senkung des Wahlalters zu stärken, zukunftsweisend ist, darf bezweifelt werden. Handfester nimmt sich dagegen der Vorschlag des Jenaer Soziologen Michael Opielka für eine Grundrente nach Schweizer Vorbild aus. Opielka sieht sich jedoch von einer übermächtigen Koalition unterdrückt. Sowohl die rot-grüne Rürup-Kommission wie die christdemokratische Herzog-Kommission hätten das Grundrentenmodell als nahezu "sozialistische" Lösung verteufelt. Diese neoliberale "Einseitigkeit" wird nach Opielkas Ansicht von Angelika Willig in der "rechtsnationalen Zeitschrift junge freiheit" (JF 34/03) auf den Begriff gebracht: Generationensolidarität sei unnötig.


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