© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/04 16. Januar 2004

Meldungen

Vertreibung als ein Diskursphantom

MARBURG. Bevor man eins der vielen ostdeutschen Heimatbücher in die Hand nimmt, läßt sich das darin vermittelte Geschichtsbild schon ahnen. Gewöhnlich beginnt die Zeitgeschichte mit Flucht und Vertreibung frühestens Ende 1944, ein Zusammenhang mit dem Kriegsbeginn 1939 wird selten hergestellt, das Schicksal der jüdischen Nachbarn ist kaum berücksichtigt und die eigene Leidenserfahrung dominiert. Wenn Jutta Faehndrich in einer aufwendigen Untersuchung dieser Heimatbücher solche erwartbaren Resultate nun auch statistisch absichert, fällt der Erkenntnisgewinn also eher bescheiden aus (Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung, 2/03). Auch ihr Befund, daß die Erinnerungskultur der aus Südosteuropa vertriebenen deutschen Volksgruppen im Vergleich zu den Sudetendeutschen, Ostpreußen oder Schlesiern "versöhnlichere" Züge aufweise, weil sie im bundesdeutschen "Vertriebenendiskurs" nur eine marginale Rolle spielten, kann nicht überraschen. Beachtung verdient Faehndrichs Studie daher allein aufgrund ihres methodischen Ansatzes. Führt sie doch die Erinnerungskultur zeitgemäß auf eine "Identitätskonstruktion" der Vertriebenen zurück. In solchen diskurstheoretischen Zugriffen lösen sich die harten Fakten in beliebige Fiktionen, in die Bilderproduktion der Betroffenen auf. Ob die Vertreibung wirklich stattgefunden hat, ist dann zweitrangig. Da Faehndrich Geschichte als autonome Konstruktion betrachtet, darf sie den Vertriebenen auch als moralisches Fehlverhalten anlasten, frühzeitig keine andere Geschichtsversion gewählt zu haben, nämlich die heute politisch korrekte, die in den "Vertriebenendiskurs" die eigene "Schuld" am Heimatverlust hätte "einschreiben" müssen.

 

Blonde Sünder sind nur schwer zu überführen

HEIDELBERG. Mediziner um den Ärztlichen Direktor des Instituts für Rechts- und Verkehrsmedizin am Universitätsklinikum Heidelberg und Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin, Rainer Mattern, konnten nachweisen, daß nicht alle gebräuchlichen Analyseverfahren ausreichend den Farbstoffgehalt im Haar berücksichtigen. Demnach kommen Blonde beim Haartest eher ungeschoren davon, da bei ihnen sich nämlich weit weniger Substanzen anreichern als bei Dunkelhaarigen, deren Ergebnisse zudem nicht einheitlich sind, da die an Melanin gebundenen Stoffe nicht immer ausreichend erfaßt werden oder bestimmte Substanzen, die dem Körper zugeführt werden, in hohem Maße angereichert werden. Daher fordern die Wissenschaftler die Einführung wissenschaftlich gesicherter Standards für die Haaranalyse bei einem Verkehrsdelikt oder bei illegalem Drogenkonsum.

 

Seligsprechung Karls I. höchst umstritten

WIEN/ST. PÖLTEN. Die für dieses Jahr vom Kardinal Jose Saraiva Martin, Präfekt der Heiligsprechungskongregation im Vatikan, angekündigte Seligsprechung des letzten österreichischen Kaisers Karl I. polarisiert Historiker und Theologen in Österreich. Während der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn und der St. Pöltener Bischof Kurt Krenn zu entschiedenen Befürwortern der Seligsprechung gehören und sein "Scheitern ganz nahe an das Kreuz Jesu" interpretieren, sieht der Historiker Manfried Rauchensteiner "nichts Heroisches" am Leben des letzten k.u.k.-Monarchen. Brigitte Hamann nennt ihn sogar einen "schwachen, unsicheren jungen Mann" (Profil, 2/04).


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