© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/04 13. Februar 2004

"Das geht Sie nichts an!"
Nordrhein-Westfalen: Untersuchungsausschuß bringt Wolfgang Clement in Bedrängnis
Josef Hämmerling

Gespannt schaute man beim Düsseldorfer Filz-Untersuchungsausschuß auf den 26. Januar. Im Ring zwei ungleiche Akteure: auf der einen Seite eine schon fast übervorbereitete Opposition. Auf der anderen Seite ein in allen bisherigen Stationen seines Lebens gescheiterter Wolfgang Clement, der es dennoch zum "Superminister" der rot-grünen Bundesregierung geschafft hat.

Und in einer peinlichen Aktion bestätigte der 63jährige diese Einschätzung: Voller Erregung las er den fein säuberlich auf einen Zettel geschriebenen Satz "Audacter calumniare, semper aliquid haeret" ab: "Verleumde nur kühn! Etwas bleibt immer haften."

Genauso löcherig wie für lateinische Zitate zeigte sich Clements Gedächtnis auch in bezug auf seinen alten Freund aus Redakteurstagen Christian Langer, mittlerweile Geschäftsführer der Werbeagentur Noventa. Es sei ihm "nicht im Konkreten bekannt", daß Langer sich auch um offizielle Aufträge der Landesregierung beworben habe. Und er sei auch "nur grob unterrichtet" worden, daß sein eigener Büroleiter Michael Krüger-Charlé sich diesbezüglich stark eingesetzt habe. Überhaupt: Wie könne die CDU/FDP-Opposition es überhaupt wagen, ihn dazu zu befragen? "Ich lese seit sechs Jahren, daß mein Name im Zusammenhang gebracht wird mit dem Begriff Vetternwirtschaft." Darüber sei er "innerlich aufgebracht, ziemlich verletzt".

Vielmehr blieb der Bundesminister für Wirtschaft, Arbeit und Soziales bei der Version, Langer habe völlig uneigennützig mit einem reinen "Freundschaftsdienst" beim Umzug der Staatskanzlei aus einer Gründerzeitvilla ins hochmoderne Stadttor mitgeholfen und als "Strohmann" für bessere Konditionen gesorgt (oder dies zumindest versucht). Er habe ihm nicht einmal ein Bier ausgeben können, schließlich sei Langer Teetrinker, so Clement kaum überzeugend.

Was er denn während dieser Zeit überhaupt mit Langer besprochen habe, wollte die CDU wissen. "Das geht Sie nichts an", lautete die Antwort.

Doch wenn es der Opposition gelang, den früheren NRW-Ministerpräsidenten in die Ecke zu drängen, etwa bei der Frage, wie es denn komme, daß Langers Firma Noventa im Anschluß an dessen "Freundschaftsdienst" Aufträge von 16,5 Millionen Mark von Landesgesellschaften erhalten habe, konnte sich Clement auf die Vertreter der SPD und der Grünen verlassen. Derartige Formulierungen seien "nicht zulässig", rügte die Ausschußvorsitzende Oda-Gerlind Gawlik. Nicht nur, daß die SPD-Abgeordnete fast jede zweite Frage der CDU unterbindet, läßt sie es auch zu, wenn Clement manche Fragen einfach ignoriert und das Thema wechselt.

Interessant ist dabei folgendes: Gawlik war von 1982 bis 1987 Referentin in der Planungsabteilung in der Staatskanzlei. Langer wies bei seiner Vernehmung darauf hin, er habe Mitte der achtziger Jahre mit "großem Vergnügen" in eben dieser Planungsabteilung gearbeitet. Auf die Frage eines Boulevardblattes, ob Gawlik und Langer sich kennen, wollte die Genossin keine Antwort geben.

An den Unterbrechungen durch Gawlik waren eine übermotivierte CDU und FDP zum Teil aber auch selber schuld. Anstatt sich auf die Hauptvorwürfe zu konzentrieren, zeigten sie sich viel zu sehr detailverliebt und gaben Clement damit immer wieder Gelegenheit, in einer arroganten und aggressiven Art von den Kernpunkten abzulenken. So blieb zum Beispiel die Frage nach wie vor unbeantwortet, wieso Noventa sofort nach Langers "Freundschaftsdienst" gleich mehrere Aufträge von der landeseigenen Gesellschaft für Wirtschaftsförderung (GfW) erhielt, nachdem sie vor Clements Amtszeit nicht in einem einzigen Fall tätig war. Ungeklärt bleibt auch, wieso Noventa nach Clemens Weggang nach Berlin keinen Auftrag mehr bekam und deswegen sogar liquidiert werden mußte. Und auch, daß sogar der Landesrechnungshof Auftragsvergaben monierte, da diese in mehreren Fällen ohne Ausschreibung zustande kamen, wurde nur am Rande gestreift.

Zumindest in einem Fall hat die Opposition aber punkten können. Die Landesregierung weigert sich seit Monaten beharrlich, die Frage zu beantworten, warum Noventa mehrere Millionen für die Zeitung der Düsseldorfer Messe-Gesellschaft bekam. Brisant hierbei: Der damalige Messe-Geschäftsführer Hartmut Krebs ist ein langjähriger Weggefährte Clements und dessen heutiger Staatssekretär.

Noch neunmal haben CDU und FDP Gelegenheit, den Strick um Clements Hals immer enger zu schnüren. So kündigten sie dem Minister auch schon an, ihn noch mehrfach von der Spree an den Rhein zu holen. Ob das Erfolg hat, muß aber bezweifelt werden, da es mehr als fraglich ist, ob der an die Legislaturperiode gekoppelte Untersuchungsausschuß seine Arbeit überhaupt rechtzeitig beenden kann.

Und genau darauf scheint Clement mit seiner Totalverweigerung zu setzen. Dabei hätte sich der Superminister dies alles ersparen können, sofern er ein anderes lateinisches Sprichwort beherzigt hätte: "Quidquid agis, prudenter agas et respice finem!" - "Was du auch tust, tue es klug und bedenke das Ende".

Die Mülheimer "Bürger-Initiative" führt zum Fall Clement im Internet ( www.mbi-mh.de ) eine komplette Skandal-Chronik, die regelmäßig aktualisiert wird.


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