© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/04 27. Februar 2004

Zeitschriftenkritik: Reflexionen
Sintfluten und Leichenberge
Werner Olles

Herausgeber der mit acht Ausgaben jährlich im 44. Jahrgang erscheinenden Reflexionen ist die Internationale Vereinigung Christlicher Geschäftsleute (IVCG). Die Organisation mit Hauptsitz in Zürich ist auch in Österreich, Deutschland, Belgien und Frankreich aktiv. Auf jeweils 35 Seiten im DIN-A-5-Format geht die Zeitschrift der Frage nach, was unserer Existenz ein Fundament gibt. Das anvisierte Ziel ist es, den Lesern entscheidende Impulse und Orientierung zu bringen, und zwar ausdrücklich auch solchen, die nach enttäuschenden Erfahrungen mit der Kirche eine Abwehrhaltung gegen den christlichen Glauben eingenommen haben.

Jedes Heft hat ein Schwerpunktthema, bei den beiden letzten Ausgaben lauteten diese "Veränderungen" und "Perspektiven". Ein Autor vergleicht die Milliardenschäden durch Überflutungen in Deutschland und Österreich im Jahre 2002 mit dem Strom des Zeitgeistes, "dessen stark verschmutzte Fluten gegenwärtig beängstigend steigen". Einer "immer frecher werdenden Abkehr der Gesellschaft von Gott und seinen Normen" fallen dabei nicht nur Häuser, Maschinen und Möbel zum Opfer, sondern Ehen, Familien, ungeborene Kinder und die psychische Gesundheit und geistige Leistungskraft des Volkes. Eine Kultur, eine Lebensart, die "über tausend Jahre lang weithin von christlichen Werten, einschließlich der öffentlichen Anerkennung der zehn Gebote geprägt war", legalisiert und praktiziert heute alle möglichen Perversitäten "bis in die führenden Kreise hinein". Sein Fazit: Die Gesellschaft befinde sich bereits in der "Phase ihres beginnenden Untergangs".

Über "Bewußtseinswandel in der Wirtschaft" schreibt ein weiterer Autor, und stellt die Frage: "Was erwartet uns in der Zukunft?" Nachdem die übertriebenen Ausformungen des Individualismus, Rationalismus und Liberalismus sowie die kommunistischen und nationalistischen Ideologien sich überlebt hätten, präsentiere sich nun ein geläutertes "christlich-biblisches Menschenbild". Dieser doch recht optimistischen Prognose wird in einem anderen Beitrag heftig widersprochen. Auch nach den "Feuerhöllen und Leichenbergen" des 20. Jahrhunderts sei die "schrittweise Humanisierung der Welt durch den verstandesgesteuerten Fortschritt" keineswegs sicher. Familie, Schule und Kirche böten oft "statt klarer Grundsätze nur schwammige Optionsvielfalt" an, und Katastrophen wie Tschernobyl, Aids, der 11. September 2001, korrupte Politiker und die dreiste Verlogenheit der postmodernen Spaßgesellschaft dienten nicht gerade als verheißungsvolle Versprechen für eine gute Zukunft.

Versöhnlicher geraten ist der Schlußbeitrag des jüngsten Heftes. Am Beispiel einer schönen, alten Kirche mit ihren herrlichen Glasfenstern beschreibt der Autor die tiefe Botschaft der christlichen Religion, durch die der einzelne Mensch zum Staunen und endlich auch zur Wahrheitsfindung gelangt.

Anschrift: Heidi Zollinger. Schönenbergstr. 99, CH-8820 Wädenswil. Das Jahresabo kostet 23 Euro, der Einzelpreis beträgt 3 Euro. Internet: www.ivcg.org


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen