© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/04 27. Februar 2004

Leserbriefe

Zu: "Freispruch über Hohmann" von Dieter Stein, JF 8/04

Über den Tellerrand

Es gibt erfreulicherweise noch Menschen, die über den parteipolitischen Tellerrand hinwegschauen und das zusagen im stande sind, was der größte Teil der Bevölkerung in diesem Lande zu denken pflegt. Daß dieser Mut dem Bürger auch erhalten bleibt - dazu sind alle Demokraten in diesem Lande aufgerufen.

Insofern war die Niederschlagung der Verleumdungsklage gegen Martin Hohmann auch ein gezielter Appel an alle Kräfte in Deutschland, nicht gleich mit Keulenschlägen den Andersdenkenden zu bearbeiten und ihn mundtot zu machen.

Wilhelm Hörnicke, Eschborn/Ts.

 

Reale Unionspolitik?

Wenn auch von politisch-korrekten Machthabern gefordert, war es doch die CDU, die Hohmann hingerichtet hat. Tat sie es gezwungenermaßen, oder entsprach der Schritt - mehr oder weniger - auch eigenen Intentionen? Fraglos gehören zu den Anhängern der CDU zahlreiche deutsche Patrioten, von denen vermutlich viele sogar meinen, die richtige Partei zu unterstützen. Aber ist deren Meinung zumindest Teil der realen CDU-Politik? Die CDU ist Teil des Machtblocks der etablierten Parteien, in dem - jedenfalls im westlichen - Konsens darüber zu bestehen scheint, welcher Teil des Meinungsspektrums in den Rahmen einer zulässigen politischen Auseinandersetzung paßt und welcher (gegebenenfalls rigoros) zu unterbinden ist.

Gunther Albers, Hamburg

 

Rabbiner solidarisch

Der Oberrabbiner der jüdischen Gemeinde Österreichs hat sich mit dem fraktionslosen Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann solidarisch erklärt. Mit seiner Kritik an den "vom Glauben abgefallenen jüdisch-stämmigen Bolschewisten" habe Hohmann "völlig recht", äußerte Oberrabbier Moische Arye Friedmann im Interview mit einer Wiener Wochenzeitung.

Es sei schlimm, daß man in Deutschland seine Meinung nicht mehr frei äußern könne. Die "moralischen Keulen der Holocaust-Industrie" würden langfristig vor allem den Juden selbst schaden, meint Friedmann.

Wie armselig, wie bedauernswert ist die CDU, mit den Worten "Christlich" und "Demokratisch" in ihrem Namen, wenn sie sich an den Bestrebungen zur Einschränkung der freien Meinungsäußerung beeteiligt und zum Handlanger der political correctness-Diktatur macht!

Heinz Gutwasser, Köln

 

 

Zu: "Bald ein Rentner mehr in Deutschland" von Paul Rosen, JF 8/04

Ewiggestriger Nörgler

Herr Rosen charakterisiert den Arbeitsstil Münteferings mit den Worten: "Im Stil eines Feldwebels ... Jeder Auftrag wird ohne eigenes Nachdenken ausgeführt."

Sie wollen bitte zur Kenntnis nehmen, daß ein deutscher Feldwebel bei der Durchführung seiner Aufträge sehr wohl nachdenkt. In den deutschen Armeen war und ist nichts so sehr verpönt wie der stupide, apathische Befehlsempfänger. In der SPD ist dies sicher anders. Bei der Beschreibung Münteferings hat die Süddeutsche Zeitung vor einiger Zeit den Begriff "Stalinist aus dem Sauerland" benutzt. Sollte Ihnen dies nicht zusagen, verweise ich Sie auf eine neuere Ausgabe der Titanic, in welcher die deutsche Sozialdemokratie insgesamt als "ewiggestrige Nörgler aus der geistigen Unterschicht" bezeichnet wurde.

Christoph Czerny, Bochum

 

 

Zu: "Erst am Beginn der Krise" von Bernd-Thomas Ramb, JF 7/04

Kein Hinterfragen

Florian Gerster brachte es fertig, in einem Jahr 190 Millionen Euro für Beraterverträge auszugeben, wobei er mit der Firma Roland Berger allein sechs Verträge in Höhe von 12,4 Millionen Euro abgeschlossen hat. Laut Bericht der ARD haben auch die Unternehmen McKinsey, IBM, Ernst & Young und Bearing-Point Aufträge von Gerster erhalten, wobei hier vollkommen ungeklärt ist, ob in diesen Fällen die zwingend vorgeschriebene Ausschreibung erfolgt ist. Es ist bisher niemand auf die Idee gekommen zu hinterfragen, welche Erfolge die bisherigen Beratungsergebnisse bei korrekter Umsetzung erzielt haben.

Wolfram Braun, Spechbach

 

Hydra und Pestbeulen

"Die Regierung verschleiert Ursachen und Wirkung der Arbeitslosigkeit!" So war es zu lesen. Richtiger dürfte sein, daß Politik, Wirtschaft und Gewerkschaft den Staatsbürger vergessen hat. Einem Skandal in unseren Land folgt der nächste, und beständig wird der Staatsbürger im Regen stehengelassen. Während der Staatsbürger die Katastrophen der Mißwirtschaft auslöffeln muß und inzwischen nicht mehr weiß, wie Rechnungen zu bezahlen sind, werden die höchstbezahlten Selbsbediener in den Chefetagen derartig für ihre Unfähigkeit belohnt, daß ihnen selbst das Ausgeben ihrer Zinsen noch schwerfällt. Der miteinander verwobene Filz von Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften ist das Übel der Stagnation und die Pestbeule unseres Staates. Allen voran die Gewerkschaftshydra, die permanent Arbeitskraft derartig versteuert, daß ein Wettbewerb nicht mehr möglich wird. Die "Rattenfänger" unserer Gesellschaft verstehen ihr Handwerk wahrlich.

Dieter Schmidt, Fuldabrück

 

 

Zu: "Europa wird Hilfspolizist bleiben" von Alexander Griesbach, JF 7/04

Die verkaufte Kuh

Folgende Gegenüberstellung von Zahlen beschreibet unsere Misere der Verteidigungspolitik und der bewußt herbeigeführten Schwächung der Bundeswehr durch Destrukturierung zutreffender. Die rot-grüne Untergangsregierung ist unfähig, die "Kuh zu melken", ohne daß diese eingeht. In Ermangelung von Kenntnissen und Fähigkeiten wird die Kuh verkauft, und vom erhaltenen Geld kauft man die Milch.

Die USA haben rund 280 Millionen Einwohner und wenden nach der geplanten Erhöhung der Ausgaben für Verteidigung rund 400 Milliarden Euro für ihre Sicherheit (Streitkräfte) auf. Dies bedeutet, für jeden seiner Einwohner wendet der amerikanische Staat jährlich 1.400 Euro für Verteidigungsausgaben auf.

In Deutschland, wo die Welt von Regierenden als wesentlich sicher beschrieben wird, hat man diese Ausgaben nicht nötig. Bei 82 Millionen Einwohner werden nach erneuten Streichungen 22 Milliarden Euro für Verteidigung ausgegeben, einschließlich aller Aufwendungen für Auslandseinsätze (2,5 Milliarden Euro). Für jeden Bürger betragen die Aufwendungen für Verteidigung somit noch 270 Euro im Jahre 2004.

Wolfgang Pfeiffer, Stuttgart

 

Unbeantwortete Fragen

In der Bundeswehr wird derzeit gestrichen, was für weltweite Einsätze nicht gebraucht wird. Das wirft mehrere Fragen auf: Sind im Grundgesetz die Streitkräfte nicht nur zur Landesverteidigung vorgesehen? Wieso sollen wir fast 24 Milliarden Euro dafür ausgeben, daß sich fremde Völker nicht gegenseitig an die Gurgel gehen? Müssen wir die Bundeswehr für das US-Interesse und den Irrweg des US-Präsidenten einsetzen, der sich weigert, die Welt so zu sehen wie sie ist, nämlich ethnisch, politisch, sprachlich, religiös und kulturell vielfach gebrochen? Wenn die Nato und die Bundeswehr sich dazu degradieren, für die USA Spanndienste zu leisten, dann müßten die USA folgerichtig auch für die Ausrüstung der Bundeswehr aufkommen!

Reinhard Wick, Bielefeld

 

 

Zu: "Mit der Wahrheit ist nicht zu spaßen" von Klaus Motschmann, JF 7/04

Fünf Fundamente

Ein Blick ins Lexikon zeigt, daß der Begriff "Fundamentalismuskeule" aus dem amerikanischen Protestantismus kommt: Um der zerstörerischen Wirkung der liberalen Theologie entgegenzuwirken, formulierten entschiedene Christen Anfang des 20. Jahrhunderts fünf Fundamente ihres Glaubens, zum Beispiel die leibliche Auferstehung Christi, sein stellvertretender Sühnetod und auch die wörtliche Inspiration der Bibel. Das waren keine neuartigen Thesen, sondern nur das, was alle rechtgläubigen Christen über 2.000 Jahre hinweg bekannt hatten und was in der damaligen Zeit erstmals in Frage gestellt wurde.

Wer mit Ernst Christ sein will, muß sich zu diesen Fundamenten des christlichen Glaubens bekennen können. Wer kein Fundamentalist im obigen Sinne des Wortes ist, dessen Glaube ist tot und mithin wertlos.

Manuel Peters, Köln

 

 

Zu: "Am besten abwickeln" von Bernd-Thomas Ramb, JF 6/04

Nicht abwickeln!

Seit der Industrialisierung 1870 in Deutschland und der damit vermehrten unselbständigen Arbeit wurde die Abhängigkeit der Menschen von Arbeitgebern immer gravierender. Diese Situation wurde durch private Stellenanbieter und lokale Stellennachweise schamlos mißbraucht. Der Arbeitnehmer wurde zum Spielball eines uneingeschränkten Wirtschaftsliberalismus. Um die Menschen/Arbeitnehmer vor diesem fiesen Spiel der Kräfte einigermaßen zu schützen (siehe auch Manchesterkapitalismus), wurde 1919 das Reichsarbeitsamt gegründet, aus dem dann 1927 die Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung entstand - eine Einrichtung ohne ihresgleichen in der Welt.

Interessant in diesem Zusammenhang ist die Begründung des Bundesverfassungsgerichts zu einem Grundsatzurteil von 1967 zum sogenannten "Monopolparagraphen". In dieser Begründung bezieht sich das Bundesverfassungsgericht auf die soziale und geschichtliche Entwicklung in Deutschland seit 1870 und die Ursache, die zur Gründung des Reichsarbeitsamtes führten. Dies zu grunde gelegt, bedeutet Privatisierung einen Rückschritt ins 19.Jahrhundert.

Die Reichsanstalt erfüllte damals, wie auch jetzt die BA, die Aufgaben, die die jeweiligen Machthaber ihr zuwiesen. Zur Zeit (da hat Herr Ramb recht) verwaltet sie die Arbeitslosen, und dies nicht schlecht. Denn somit konnte bei fast fünf Millionen Arbeitslosen der soziale Friede bisher in unserem Land erhalten bleiben. Dies ist ein Verdienst der Mitarbeiter in den Arbeitsämtern vor Ort, der viel zu wenig beachtet wird. Die BA ist nicht dafür da, Arbeitsplätze zu schaffen. Dies ist die originäre Aufgabe der jeweiligen Machthaber. Privatisierung jedoch - in welcher Form auch immer - bedeutet Feigheit vor der Verantwortung, bzw. Eingeständnis der Unfähigkeit (beides in den letzten Monate offen zutage getreten.)

Bevor also die BA geschlossen wird, Herr Ramb (wobei nicht vergessen werden darf, daß seit Beginn der 1990er Jahre gut funktionierende Strukturen der Arbeitsämter absichtlich zerstört wurden), sollte man sich über einen Wechsel in der Führung unseres Landes, Abbau der Macht der Parteien und Stärkung der Macht des Staatsvolkes Gedanken machen.

Bernd Fiedler, Flensburg

 

 

Zu: "Opfer politischer Verfolgung", Interview mit Thomas Gertner, JF 6/04

Auf einer Stufe

Wer hätte das je geglaubt: Helmut Kohl, Wolfgang Schäuble und Konsorten stehen nun mit den kommunistischen Menschenschindern und Rechtsbrechern auf einer Stufe! Nicht deutsches, sondern europäisches Recht machte es möglich, um himmelschreiendes Unrecht zu beseitigen. So weit hätte das Volk diese Arroganz der Macht zum Herrn Kohl niemals kommen lassen dürfen. Ist es nicht beschämend, daß bisher kaum jemand Notiz von dem Skandal nahm? Die derzeitigen Länderregierungen und Herr Schröder müßten jetzt auf keinen Fall weiter betrügerisch erworbenes Hab und Gut von mitteldeutschen Bürgen verscherbeln. Im Gegenteil sollte man verlangen, daß die Täter Reue zeigen und (da Staatsbetrüger leider unbestraft bleiben) Wiedergutmachungen aus ihrem eigenen üppigen privaten Vermögen leisten. Im übrigen warten noch Hunderttausende Deutsche, die überlebenden Opfer der Vertreibungsexesse ab 1945, auf Wiedererlangung ihres völkerrechtlich garantierten Eigentums. Wer das als nicht für geboten hält, ja zum Beispiel den Forderungen der Polen folgt, die deutschen Vertriebenen in der EU nicht einmal das volle Heimat-, Niederlassungs- und Grunderwerbsrecht zubilligen, beugt im Grunde das Recht und öffnet der Willkür die Tore. Das lädt zur Rechtsmißachtung ein, wie die Vertreibungen im letzten Jahrzehnt zeigen, unter denen die Menschen nicht nur auf dem Balkan schwer leiden müssen.

Dietmar Neumann, Neu-Wulmstorf

 

 

Zu: "Wo bleibt die weibliche Solidarität?" von Hans-Peter Raddatz, JF 6/04

Dominanzpositionen

In der geschichtlichen Vergangenheit bildeten transzendente Ideologien vielfach die Grundlage für Monopole. Man hielt damit Dominanzpositionen aufrecht, die Ideologie beanspruchte die absolute, einzige Wahrheit und durfte nicht bezweifelt werden. Sie rechtfertigte den Machtanspruch von Herrschern, Priesterkasten und Dikatoren. Die Machtmittel zur Aufrechterhaltung der Dominanz waren oft recht brutal: Köpfe, die anders dachten, wurden abgeschlagen, oder die Menschen wurden "liquidiert". Manchmal genügten auch Terror und Inquisition, um Ketzer zu beseitigen. Im äußersten Fall führte man auch Kriege.

Ein freier Geist muß tolerant sein, aber intolerant gegen Intoleranz. Nur so kann es zu einem Wettbewerb der Kulturen kommen, nicht nur in einem ökonomischen Sinn, sondern auch auf der Ebene der Verständigung über letzte Orientierungen. Als Wettbewerb um frohe Botschaften und andere Hoffnungsformeln. Künftig heißt es, Partei sein in einem Konflikt der Prinzipien und Oppositionen. Auch in Sinnangelegenheiten muß es Wettbewerb geben, Freude am Kräftemessen, damit das beste sich durchsetzt und verbreitet.

Anton Fischer, Eppingen

 

 

Zu: "Angriff der Aktentaschenträger" von Ronald Gläser, JF 6/04

Es lebe das Politbüro

So sieht also die neue CDU der Angela Merkel aus: Langjährige Mitglieder werden beschimpft und diskriminiert, wenn sie die "falsche Meinung" haben. Das erinnert nicht an die DDR - nein, das ist die DDR.

Fräulein Ludwig will austeilen und bestimmen, was richtig ist und was man sagen kann und darf. Darum löscht sie auch postwendend kritische Zuschriften auf ihrer Netzseite. Wer in den letzten Tagen diese beobachtet, kann feststellen, daß die in großer Zahl dort eingehenden kritischen Zuschriften postwendend gelöscht werden. Dafür kann man aber lesen, daß Herr Sijbrandji ihr "weiterhin gutes Gelingen bei Leben, Karriere und Webdesign!" wünscht. So sieht also die CDU der Angela Merkel aus. In der DDR sagte man dazu früher: "Es lebe das Politbüro, es sagt uns stets warum, wieso."

Klaus Gröbig, Berlin

 

 

Zum "Frisch gepreßt", JF 5/04

Polens Druck

Aus dem besprochenen Buch erfährt man, daß Danzig 1773 zur "preußischen Provinzmetropole herabsank" und dieses "lokalpolitische Unglück" bis ins 20. Jahrhundert von Treitschke und Co im Rahmen des deutschen Nationalismus bestritten wurde. Da es sich 1773 um die zweite polnische Teilung handelt, hat man solche Wertungen bisher allenfalls von polnischer Seite gehört. Hoffentlich hat sie der Autor nicht von eben dieser Seite aufgeschnappt. Jedenfalls waren die Zeiten seit dem Thorner Frieden, als Danzig dem polnischen König in Personalunion unterstellt wurde, für die Stadt keineswegs uneingeschränkt glücklich. Zwar konnten die Bürger den faktischen Zugriff Polens 1577 abweisen und eine Belagerung überstehen, doch blieben die Verhältnisse unsicher und unruhig, weil Polen ständig Druck auf die Stadt ausübte und schwedische Angriffe nur mit Mühe abgewehrt werden konnten. Auch im Nordischen Krieg war Danzig durch schwedische und russische Truppen bedroht.

Erst als Danzig an Preußen gefallen war, setzte eine ruhige Entwicklung ein. Die Bevölkerungszahl, die bis dahin auf 47.000 gefallen war, stieg bis 1880 auf 108.000 an. Nach Beseitigung der Schäden und der Verschuldung begann ein wirtschaftlicher Aufschwung, der im Rahmen der Entwicklung des Reiches nach 1871 zu einer neuen Blüte führte. In der Gründung der Technischen Hochschule 1904 fand sie ihren besonderen Ausdruck. 1920 hatte Danzig 194.000 Einwohner. Das alles vollzog sich in voller Zustimmung der Bevölkerung, so daß von einem lokalen Unglück keine Rede sein konnte.

Herbert Bath, Berlin


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