© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/04 05. März 2004

Wirbel um den General
Hohmann-Affäre: Das JF-Interview mit dem entlassenen Brigadegeneral Reinhard Günzel erhitzt die Gemüter / Interesse bei Medien und Bundeswehr
Manuel Ochsenreiter

Ausgerechnet in dieser Zeitung" - so lautete ein vielmals ausgesprochener Kommentar vergangene Woche als Reaktion auf das JF-Interview mit dem in Schimpf und Schande von Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) entlassenen Chef der Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK), General Reinhard Günzel.

Anlaß für seine "unehrenhafte" (Struck) Entlassung war das Bekanntwerden eines Briefes an den Fuldaer CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann, in dem er ihm zu dessen umstrittenen Rede im hessischen Neuhof zum 3. Oktober 2003 gratulierte.

Bereits einen Tag nach der Veröffentlichung in der JUNGEN FREIHEIT sorgte das erste ausführliche Interview mit dem Brigadegeneral nach dessen Entlassung bundesweit für Wirbel. Bei Spiegel-Online, der Internet-Plattform des gleichnamigen Hamburger Nachrichtenmagazins, wurde das Interview passagenweise zitiert.

Das Neue Deutschland, das ehemalige Zentralorgan der SED, nutzte das Interview hingegen, um gegen die Bundeswehr und Konservative loszuschlagen. Minister Struck wird direkt angesprochen - er solle sich "schon etwas mehr Gedanken über den Zustand der Bundeswehr machen". Das ND entrüstet sich weiter darüber, daß Günzel die Hohmann-Affäre "nach wie vor" als eine "beispiellose Hexenjagd" sehe.

Auch die Bundeswehr selbst zeigte reges Interesse an dem Interview ihres ehemaligen Elite-Generals. So ließ es sich der Informations- und Pressestab des Bundesverteidigungsministeriums nicht nehmen, Reinhard Günzel telefonisch seine "Entrüstung", "Verwunderung" und "Besorgnis" darüber mitzuteilen. Tenor: Man dachte, die Sache sei durchgestanden - und jetzt das! Und natürlich - weshalb "ausgerechnet" in der JUNGEN FREIHEIT?

Fast klingt es so, als erwarte Struck nach seinen Entgleisungen - immerhin nannte er Günzel wegen seines Briefes "verwirrt" - immer noch so etwas wie Loyalität von seinem Ex-General. Dieser enthält sich indes eines Kommentars zu diesem Anruf. Der Grund: Günzel sei in den vorzeitigen Ruhestand versetzt und stehe daher bis zu seiner Pensionierung in einem besonderen Dienst- und Rechtsverhältnis.

Von einer Klage, über die seitens der Medien in den vergangenen Monaten spekuliert wurde, sieht Günzel inzwischen ab. Es würde ihn ohnehin nur "Nerven, Zeit und Geld" kosten. Außerdem könne sich ein solches Verfahren über Jahr hinziehen. Das Ergebnis stünde dann in keinem Verhältnis zum Aufwand, so Günzel.

Inzwischen meldete sich auch das Pressebüro des KSK in Calw, der ehemaligen Einheit Günzels. Dort ist man nicht nur an dem Interview selbst, sondern auch an den unzähligen Leserbriefen hierzu interessiert. Und diese treffen selbst über eine Woche nach dem Interview zahlreich bei der JF ein - nicht zuletzt von Angehörigen der Bundeswehr, die mit Verteidigungsminister Struck nicht einverstanden sind.


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