© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/04 09. April 2004

Meldungen

Der Aderlaß an Oder und Neiße

POTSDAM. Im Impressum des Jahrbuchs für Regionalwissenschaft (1/04) empfehlen die Herausgeber ihr Organ als "einzigartiges" Forum der Regionalforschung im "deutschsprachigen Raum". Um so kurioser ist es, daß dort fast alle Beiträge in englischer Sprache erscheinen. So auch die knappe Studie, die Gerhard Heimpohl (Institut für Wirtschaftsforschung in Halle) der ökonomischen Situation in den mitteldeutschen Grenzregionen an Oder und Neiße widmet. Auf die nahende EU-Erweiterung seien die Landkreise zwischen Vorpommern und Zittau schlecht vorbereitet. In diesen "Sub-Regionen" sei es wegen der schwachen Ausstattung mit Human- und Sachkapital sowie aufgrund vorherrschender "kleinbetrieblicher Strukturen" kaum möglich, die wichtigste Chance auszunutzen, die der Wegfall der EU-Außengrenze gegenüber Polen biete: die Erschließung von neuen Märkten im Nachbarland. Strukturpolitisch müsse daher nachgeholfen werden, vor allem durch Verbesserung der Infrastruktur, Unterstützung mittelständischer Unternehmen und zur "Beseitigung grenzspezifischer Nachteile". Ebenso vage Perspektiven eröffnet Heimpohl speziell für "städtische Zentren" der Region. Seine eigene Wanderungsstatistik spricht jedoch eine andere Sprache. Cottbus, Frankfurt an der Oder, Greifswald und Görlitz haben seit 1991 fast zwanzig Prozent ihrer Bürger verloren. Dafür, daß dieser Aderlaß mit Polens EU-Beitritt enden könnte, liefert Heimpohl keine Anhaltspunkte.

 

Neue Medien ersetzen nicht literarische Kultur

HAGEN. Verdrängen und ersetzen die "Neuen Medien" und ihre Kulturformen Literatur, die "Poesie" der Schriftkultur? Dieser Frage widmete Martin Huber seine literaturwissenschaftliche Antrittsvorlesung an der Fern-Universität Hagen (FernUni, Nr.7/04). Für sein Fach und damit für seine eigene Zukunft sieht der junge Wissenschaftler keinen Anlaß zur Sorge. Literatur werde weiterhin "Heimat und kulturelles Selbstbewußtsein" vermitteln müssen. Die Neuen Medien könnten kein vergleichbar lebensnotwendiges Wissen bereitstellen, das Gemeinschaft stifte, "Halt und Identität" gebe. Die "Cyberästhetik" erschöpfe sich bisher in "bloßen historischen Zutaten" oder "in Nachahmung und Illusion", und nur selten reichten die digitalen Kunstformen an die literarische Avantgarde heran. Ein Verfall der literarischen Kultur werde davon jedenfalls nicht ausgehen. Überdies sei zum Verständnis der neuen Formen die Kenntnis traditioneller Erzählformen und ein übergreifendes kulturwissenschaftliches Wissen von "Gesellschaft, Identität, Körper und Geschlecht" unerläßlich - und dies habe die Literaturwissenschaft in ihrem Angebot.

 

Wenig EU-Enthusiasten in der jungen Generation

STUTTGART. In der jungen Generation zwischen 16 und 25 bleibt "Europa" ein Minderheitenprojekt. Robert Picht, Soziologe am Europa-Kolleg in Brügge, gewinnt diese Erkenntnis aus allen Umfragen der letzten Jahre (Merkur, 4/04). Nur wo die Summe der sozialen Kontakte und des Engagements hoch sei, "soziales Kapital" gebildet wurde, sei auch die Zustimmung zur europäischen Integration hoch. Doch bei vorherrschender Bindungslosigkeit und sozialer Unsicherheit gerade in der jungen Generation schwinde sie, und der "Rückzug in die Kleingruppe" lasse wenig EU-Euphorie gedeihen.

 

Erste Sätze

Meine Eltern stammen aus Niederschlesien, ihre Vorfahren waren Bauern.

Margarete Gärtner: Botschafter des guten Willens. Außenpolitische Arbeit 1914-1950, Bern 1955


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