© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/04 07. Mai 2004

Tobias Wimbauer
Alles Jünger
von Thorsten Thaler

Im Anfang war, nein, nicht das Wort, sondern ein Bild. Irgendwann Anfang der neunziger Jahre sah der Schüler Tobias Wimbauer in einer Freiburger Buchhandlung das von Horst Janssen gezeichnete Porträt Ernst Jüngers, dessen Ausstrahlung ihn faszinierte. Obschon ihm Jünger damals noch kein Begriff war - in der Schule kam der Jahrhundertdichter nicht vor -, wollte er das Bild unbedingt besitzen. Er ließ sich die Zeichnung zurücklegen, suchte sich einen Ferienjob und finanzierte so den Kauf. Der Grundstock seiner Jünger-Obsession war damit gelegt.

Inspiriert durch dieses Bild, las er auch sein erstes Jünger-Buch, das "Abenteuerliche Herz", die zweite Fassung. Die Lektüre habe auf ihn wie eine Droge gewirkt, bekannte Wimbauer später in einem Interview mit der Zeitschrift Zinnober. Fortan las er alles von und über Jünger, was er in die Finger bekommen konnte. Heute, als 27jähriger, verfügt er mit weit über tausend Publikationen nicht nur über eine der deutschlandweit größten Privatsammlungen zu Ernst Jünger, sondern hat sich auch in die Sekundärliteratur eingeschrieben. So veröffentlichte er 1999 ein "Personenregister der Tagebücher Ernst Jüngers", das 2003 in einer zweiten, erweiterten Fassung erschien und als unverzichtbares Hilfsmittel der Jünger-Forschung gilt.

Am 13. Juni 1976 in Überlingen am Bodensee geboren und in Freiburg im Breisgau aufgewachsen, leistete Wimbauer nach dem Abitur zunächst Wehrdienst bei der Marine. Anschließend studierte er von 1999 bis 2002 Germanistik und Philosophie in Freiburg. Nach einem beruflichen Intermezzo im Verlagswesen setzt er seit diesem Frühjahr sein Germanistik-Studium an der Universität Wuppertal fort. Nebenher ist er als Autor tätig, schreibt Prosa und Lyrik, die er bislang vornehmlich als Privatdrucke vertreibt bzw. auf seiner Internetseite ( www.waldgaenger.de ) veröffentlicht.

Ein Großteil seiner Schaffenskraft richtet sich indes weiterhin auf die Beschäftigung mit Leben und Werk Ernst Jüngers. Zahlreiche Veröffentlichungen in Zeitungen, Zeitschriften und Sammelbänden haben Wimbauer in der Jünger-Gemeinde inzwischen den Ruf exzellenter Kennerschaft eingetragen, vergleichbar dem von Piet Tommissen unter Schmittianern.

Seit 2003 ist er zudem Herausgeber der Schriftenreihe "Das Luminar" mit Texten zu Ernst und Friedrich Georg Jünger, deren dritter Band in diesen Tagen in der Edition Antaios erscheint. In einem eigenen Aufsatz bietet Wimbauer darin eine vollkommen neue Lesart der ebenso berühmten wie umstrittenen "Burgunderszene" in Jüngers Kriegstagebuch "Strahlungen" an (JF 18/04). Die neue Interpretation könnte "Anhänger wie Feinde Jüngers verwirren", urteilte die FAZ in einer Vorab-Betrachtung und würdigte Wimbauer zutreffend als den "Detektiv des Lebens Ernst Jüngers". Und so dürfen vor allem Jünger-Jünger auf weitere Fundstücke aus der Detektei Wimbauer hoffen.


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