© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/04 14. Mai 2004

Blick in die Medien
Naturkatastrophe
Steffen Königer

Warum ist unser Land nur so furchtbar kinderfeindlich? Wir müssen nur eine Woche lang aufmerksam die Pöbel-Talkshows auf den Privatsendern sehen, um zu wissen, wie Kinderwünsche dort verächtlich gemacht werden. Aber nicht nur in Plebejer-Medien wird das kinderlose Single-Dasein auf Teufel-komm-raus verherrlicht. Auch anspruchsvollere Medien sind schuld an der Geburtenmisere. Zum Beispiel in Neon, dem Stern-Magazin für junge Leute. Eine gewisse Lilli Vorbeck schildert ihr Leben: "Ich habe einen schwulen Freund, mit dem ich beim Wodka auf meinem Sofa die Sonntage verbringe." So wird das natürlich nichts mit dem Nachwuchs. Das gibt höchstens eine ausgewachsene Leberzirrhose. Durchaus treffend ist die Analyse der Langzeitpärchen Ende Zwanzig. Die sind nämlich im Kopf meistens schon fünfzig, nennen sich gegenseitig "Schatz" und reden nur noch in der Wir-Form. Furchtbar. Trotz allem: Die Glorifizierung der einsamen Erfolgsfrau à la Ally McBeal hinterläßt einen bitteren Nachgeschmack. Wir blättern weiter in Neon. Unter der Überschrift "Pille-Palle" berichtet uns Theresa Bäuerlein, wie sie ihre Pille vergessen hat und jetzt furchtbare Angst vor einer Schwangerschaft hat: "Oder ist mein Körper jetzt eine Fabrik, die Leben produziert? Dann könnte sich die Fabrikchefin den geplanten Urlaub wohl abschminken - vielleicht für immer. Bei dem Gedanken fällt mir fast der Teststift aus der Hand." Eine Naturkatastrophe! Deutschland braucht Kinder. Was Deutschland nicht braucht, sind Zeitschriften wie Neon.


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