© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/04 04. Juni 2004

Frisch gepresst

Islam auf dem Vormarsch. Gerne wird die Geschichte nach den aktuellen politischen Trends umgedeutet. In Zeiten, in denen der Multikulturalismus gepriesen wird, bedeutet das, daß man nicht müde wird, auf den "toleranten Islam" des Mittelalters hinzuweisen. Schulklassen wird eingeimpft, daß beispielsweise während der Maurenherrschaft in Spanien fast ein goldenes Zeitalter der Toleranz für die dort lebenden Christen und Juden herrschte. Die Autorin Bat Ye'or räumt mit solchen Falschdarstellungen in ihrem Werk grundsätzlich auf. Sie schildert die Situation, in welcher sich die "Schriftbesitzer" im muslimischen Machtbereich befanden. Mit einem sogenannten "Dhimmi-Vertrag" erkauften sie sich mit hohen Tributleistungen das Überleben. Ye'or schildert mit einer Vielzahl an Dokumenten, mit welchen erniedrigenden Vorschriften und Grausamkeiten Christen und Juden gegängelt wurden. Die skrupellose und brutale Anwendung der Vorschriften des Dschihad hat daher sehr wenig mit dem weichgezeichneten Bild einer friedlichen Koexistenz der monotheistischen Religionen zu tun. Ein Buch, das längst überfällig ist (Der Niedergang des orientalischen Christentums unter dem Islam - Zwischen Dschihad und Dhimmitude. Resch Verlag, Gräfelfing 2003, 483 Seiten, broschiert, 35 Euro).

Mittelalter. Als mediävistische Voraussetzung für eine "Wer wird Millionär"-Sendung bei Günter Jauch sollte man zum Überstehen der ersten Runden die wichtigsten Herrschergeschlechter des Deutschen Reiches herunterbeten können. Neben den Ottonen und Saliern müßten auch die Staufer mit ihrem prominentesten Abkömmling Friedrich I. Barbarossa bekannt sein. Um im Gewinnbereich der Sportwagen und Einfamilienhäuser zu bestehen, sollte einem die Person und das Schicksal Konradins von Hohenstaufen nicht unbekannt sein. Der letzte Abkömmling des Geschlechtes der Staufer lebte von 1252 bis 1268. Außer daß er der letzte Herzog von Schwaben und König von Jerusalem war - deutsche Königs- oder gar Kaiserwürden erreichte der Sechzehnjährige nicht -, war sein Ende von höherer Dramatik geprägt als das vieler vorheriger Herrscher. Zudem fand mit seinem Tod auf dem Schafott in Neapel die lange Phase des italienischen Engagements des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation vorerst ihr Ende. Der früher am Nato Defense College in Rom tätige Bundeswehrgeneral Hans Uwe Ullrich entdeckte sein Interesse an Konradin und der mittelalterlichen Welt nicht zuletzt bei der Erkundung des Schlachtfeldes bei Tagliacozzo, wo Karl von Anjou letztlich als Sieger seinen Anspruch auf Sizilien durchsetzen konnte (Konradin von Hohenstaufen. Die Tragödie von Neapel. Universitas Verlag, München 2004, 328 Seiten, gebunden, 22,90 Euro).


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen