© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/04 18. Juni 2004

Ein Ritter und ein Reich
Werner Olles

Bisweilen gibt es von der Kampffront gegen die Political Correctness auch erfreuliche Nachrichten zu vermelden. So hat sich jüngst die Gemeindeversammlung der evangelischen Talkirche in dem Taunusstädtchen Eppstein in der Nähe von Frankfurt am Main mit überwältigender Mehrheit für den Erhalt eines zuvor heftig umstrittenen Ritterbildes im Altarraum der Kirche entschieden. Das Votum der 1.900 Mitglieder zählenden Gemeinde wiegt um so schwerer, als die Pastorin Heike Schuffenhauer und der gesamte Kirchenvorstand die Abdeckung des mannshohen Ritters im Harnisch und mit Stahlhelm, der sich auf ein großes Schwert stützt, geplant hatten.

Die in einer Fensternische neben der Kanzel angebrachte Gedenktafel mit dem Ritterstandbild trägt die Inschrift "Das Reich muß uns doch bleiben" und darunter unter der Überschrift "Im Weltkrieg 1914 - 1918 starben für das Vaterland" die Namen der aus Eppstein und zwei weiteren kleinen Nachbargemeinden stammenden gefallenen Soldaten. Diese würdevolle Erinnerung an die Gefallenen des Ersten Weltkrieges war für den Kirchenvorstand und die Pfarrerin offenbar bereits entschieden zuviel an Patriotismus. Dabei spielte es anscheinend auch keine Rolle, daß die Inschrift "Das Reich muß uns doch bleiben" die letzte Textzeile aus Martin Luthers berühmtem Kirchenlied "Ein' feste Burg ist unser Gott!" ist und dementsprechend also eher mit dem Reich Gottes als mit irgendeinem "verdächtigen" Deutschen oder gar Dritten Reich zu tun hat.

Allerdings hatten die modernisierungswütigen Abräumer wohl nicht mit dem erbitterten Widerstand ihrer Gemeindemitglieder gerechnet, die nicht bereit waren, ihr Gedenken an die Gefallenen einer in Deutschland - und nur hier - inzwischen üblichen "Soldaten sind Mörder"-Gesinnung zu opfern. Sie entschieden sich neben dem Erhalt des Ritters mitsamt der Inschrift eindeutig für die Konzeption und Anbringung einer zweiten Tafel, auf der auch jener Eppsteiner Bürger gedacht werden soll, die im Zweiten Weltkrieg bei alliierten Luftangriffen ums Leben kamen.

Ohne die Ereignisse in Eppstein überbewerten zu wollen, beweisen sie doch immerhin eines: Die Bürger denken, entscheiden und handeln überall dort, wo ihnen eine freie Entscheidung gewährt wird, trotz medialer Dauerberieselung und Drohung mit der Moralkeule in aller Regel völlig anders, als Polit- oder Kirchen-Funktionäre das von ihnen erwarten. So erklärt sich dann auch das große Mißtrauen der politischen Klasse gegenüber dem eigenen Volk.


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