© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/04 25. Juni 2004

Frisch gepresst

Zypern. Mit der Osterweiterung ist nicht nur aus der Aufmerksamkeit geraten, daß es in Polen und Tschechien an EU-Euphorie mangelt, sondern daß eine ursprüngliche Grundvoraussetzung für den Beitritt des geteilten Inselstaates Zypern - nämlich die Wiedervereinigung des griechischen und des türkischen Teils - blockiert wurde. Damit hat sich die EU zusätzlich einen seit dreißig Jahren ungelösten Konflikt aufgehalst. Die Darstellung der neuntausendjährigen Geschichte dieser "Insel der Liebe" des in Deutschland lebenden Fernsehjournalisten Halil Gülbeyaz kommt deshalb gerade recht. Der gebürtige Türke spart keine der Besatzungsmächte des strategisch wichtigen Eilandes zwischen Levante und Nildelta aus. Nach den dort siedelnden Griechen betrachteten alle anderen - Kreuzritter, Venezianer, Osmanen und Briten - Zypern nur als einen wichtigen Stützpunkt, der durch die Ausbeutung der griechisch-zypriotischen Bevölkerung bestenfalls noch Tribut abwarf. In der Bewertung des postkolonialistischen Konfliktes bis hin zum "Annan-Plan" bleibt Gülbeyaz erfreulich ausgewogen (Zypern. Insel der Liebe - Friedhof der Diplomatie. Parthas Verlag, Berlin 2004, 231 Seiten, gebunden, 24 Euro).

Ausrottung. Bis ins vergangene Jahrhundert hat man nicht nur in Deutschland das Großraubwild als nutzlose Kreatur angesehen, welche neben einer meist eingebildeten Gefahr für den Menschen vor allem einen Konkurrenten bei der Jagd auf "nützliche Tiere" darstellte. Folgerichtig hat das gefeierte Datum der Ausrottung von Bär, Adler oder Wolf in vielen Landstrichen Eingang in die Regionalhistorie gefunden. Die Einteilung in "gutes" und "böses" Wild zeitigt sogar heutzutage trotz einer mittlerweile vor etwa achtzig Jahren einsetzenden Bewußtseinswandlung immer noch Relikte bei Jägern, die stolz darauf sind, in ihren Revieren "das Raubzeug niedrigzuhalten". Der lange Jahre in der baden-württembergischen Forstverwaltung tätige Wilfried Ott stellt diese Entwicklung des Naturverständnisses fesselnd vor, indem er sich auch aus zwei Jahrhunderten Jagdliteratur bedient. Ott bietet damit nicht nur Einblicke in die Wildtierkunde uns nur aus dem Zoo bekannter Arten, sondern auch in unsere Kulturgeschichte (Die besiegte Wildnis. Wie Bär, Wolf, Luchs und Steinadler aus unserer Heimat verschwanden. DRW-Verlag Weinbrenner, Leinfelden-Echterdingen 2004, 253 Seiten, gebunden, Abbildungen, 29,90 Euro).


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