© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/04 25. Juni 2004

Meldungen

Brüssels ergebene Eliten im EU-Beitrittsgebiet

BONN. Zur Elite gehört, wer einen Systemwechsel aussitzen kann: Diesen Schluß legt Miroslaw Matyjas Studie über die personelle Kontinuität in den politisch-administrativen Führungsschichten Osteuropas nahe (Osteuropa, 4/04). In den kommunistischen Ländern habe nach 1989 zwar ein Elitenwechsel stattgefunden, doch die Exponenten der Reform seien größtenteils aus den privilegierten Bevölkerungsschichten des alten Systems gekommen. Dadurch rückten Funktionäre auf, die bereits in den "Volksdemokratien" in Führungspositionen saßen. Seitdem hat es zehn Jahre gedauert, bis dann westlich orientierte Eliten politisch den Ton angaben, während die alten wirtschaftlichen "Entscheider" den Systemwechsel fast ohne Personalverluste bewältigten. Zusammen mit der politischen Elite hätten sie auch maßgeblich die Weichen bei der EU-Osterweiterung gestellt. Das Schicksal dieser Elite sei so existentiell mit der Brüsseler Politik verflochten. Deswegen übernehmen sie das positive Image der Westeuropäer und stilisieren die EU gegen erhebliche Widerstände in den breiten Volksschichten zum normensetzenden Modell. Um die Herrschaft im eigenen Land zu behalten, nehmen die westorientierten Eliten Ostmitteleuropas "die Dominanz der EU-Staaten in einem übertriebenen Maße in Kauf" und riskieren vor dem Hintergrund der ungelösten schweren sozialen Probleme ein Sozialdefizit in ihren Ländern, dessen langfristige Folgen für die Stabilität ihrer Herrschaft sie nicht abzusehen vermögen.

 

Länder buhlen um die Max-Planck-Gesellschaft

BERLIN. Die Max-Planck-Gesellschaft (MPG), das "Flaggschiff der Grundlagenforschung", schwenke jetzt auf den Sparkurs von Bund und Ländern ein (Deutsche Universitäts-Zeitung, 5/04). Deswegen suche sie verstärkt nach der Zusammenarbeit mit der universitären Forschung. Die Großorganisation, in deren Münchener Hauptverwaltung 350 Beschäftigte tätig sind, bezahlt 12.000 forschende Mitarbeiter in 79 Instituten. In der geplanten Kooperation mit den Hochschulen möchte die MPG dieses Gewicht ausspielen und die Projekte nach Möglichkeiten dominieren. Konflikte sind vorprogrammiert. Trotzdem reißen sich die Kultusverwaltungen der Länder um die MPG-Gunst. Zwei bis drei neue Institute sollen in den nächsten Jahren gegründet werden. Nicht weniger als sechs Bundesländer hoffen darauf, das geplante Institut für Softwaresysteme auf ihrem Terrain anzusiedeln, zumal Arbeitsplätze in neuen Branchen entstünden. Als Wunscharbeitgeber rangiere die MPG bei Ingenieuren hinter Daimler-Chrysler und Siemens auf Platz zwei, und in der Rangliste der am meisten angesehen Einrichtungen belegte sie 1995 den dritten Rang noch vor dem Bundesverfassungsgericht und hinter der damals noch gut beleumundeten Bundesbank. Daß trotzdem die MPG-Bäume nicht in den Himmel wachsen, belegt das Interview mit der Nobelpreisträgerin Nüßlein-Vollhardt, die darüber klagt, daß auch die MPG-Forschung unter dem staatlichem Regulierungswahn zu leiden habe.

 

Erste Sätze

Nachdem man im neunzehnten Jahrhundert die Erde als ein Stäubchen im Weltall anzusehen sich gewöhnt hatte, das nach rein mechanischen Gesetzen der Gravitation seine sinnlose Bahn bis zum allgemeinen Untergang des Sonnensystems durchläuft, ist man jetzt wieder eher geneigt, zur Erde zurückzukehren, sie aufzufassen als eine nach immanenten Gesetzen sich entwickelnde organische Einheit.

Richard Wilhelm: Der Mensch und das Sein, Jena 1931


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen