© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/04 09. Juli 2004

Frisch gepresst

Bundespräsidenten. Bereits im Jahr 1987 hat die Publizistin Ingelore Winter eine Biographienreihe über die sechs bis dahin regierenden Bundespräsidenten veröffentlicht. Danach erhielt das Werk mit jedem neuen Bundespräsidenten eine Neuauflage, in welcher dann auch das scheidende Staatsoberhaupt eine meist wohlwollende Bewertung erfuhr. Natürlich dringt Winter in der Abfolge von Heuss, Lübke, Heinemann, Scheel, Carstens, v. Weizsäcker, Herzog, Rau und seit vergangener Woche auch Köhler nicht in die biographischen Niederungen vor, die mehr Rückschlüsse zuließen als die bei fast allen Präsidenten im Gedächtnis gebliebenen Bonmots - von Heinemanns "Ich liebe meine Frau", über Scheels "Hoch auf dem gelben Wagen" bis zum Herzogschen "Ruck". Um das Allgemeinwissen auf dem neuesten Stand zu halten, leistet das Werk allerdings gute Dienste (Unsere Bundespräsidenten. Von Theodor Heuss bis Horst Köhler. Neun Biographien. Droste Verlag, Düsseldorf 2004, 285 Seiten, 16,95 Euro).

20. Juli 1944. In einem kleinen Büchlein schreibt laut Vorwort des Verlages ein "unmittelbar am Geschehen des 20. Juli 1944" Beteiligter unter dem Pseudonym J. F. Taylor seine Sicht zum Widerstand. Sicherlich zeugen einige Aspekte und Einschätzungen von einem intimen Einblick in Strukturen des Widerstands und auch der SS. Die vollmundige Ankündigung, daß dieses Buch dazu beitrage, "daß die Geschichte des 20. Juli 1944 neu geschrieben werden muß", läßt sich jedoch in den Schilderungen nicht nachvollziehen. Einerseits gibt der Erzähler an keiner Stelle eine brauchbare Quelle an, andererseits sind seine Aussagen schon deshalb nicht verwertbar, da die Glaubwürdigkeit des unter dem Schutz seines Pseudonyms auftretenden Erzählers schwer einzuschätzen ist (Der 20. Juli 1944. Anatomie einer Verschwörung. Thersal Verlag, Düsseldorf 2004, 99 Seiten, 19,80 Euro).

Parteienskandale. Unter dem an einen verbalen Ausfall des einstigen Bayern-Trainers Giuseppe Trapattoni angelehnten Titel beschreibt Esther Kant in ihrem Roman auf lebhafte Art eine Tragikomödie aus der bundesdeutschen Parteipolitik. Obwohl teilweise dick aufgetragen, erinnert die Schilderung aus dem Geflecht von Medien, Lobbygruppen und der Politik in ihren realitätsnahen Bildern an die "Affäre Semmerling" (Deutschland hat fertig. Verlag Euroservice, Seelbach 2004, 325 Seiten, broschiert, 9,50 Euro).


Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen