© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/04 20. August 2004

Meldungen

Estland: Streit um Ehrung von SS-Soldaten

REVAL. Die Kämpfe waren fürchterlich und verlustreich. Von Januar bis September 1944 zwangen deutsche und estnische Soldaten die übermächtige Rote Armee zum Stillstand. Die heftigsten Gefechte gab es im Sommer 1944 in der Gegend der "Blauen Berge" im Nordosten Estlands. Aus Anlaß dieser Ereignisse vor sechzig Jahren veranstaltete man in der estnischen Hauptstadt Reval am 11. August eine wissenschaftliche Konferenz. Im Zentrum der einstigen Kampfzone weihte man einen Gedenkstein für die Gefallenen. Das Pikante daran: Geehrt wurden damit vor allem die Soldaten der 20. Waffen-Grenadier-Division der SS. Bei der Gedenkveranstaltung bedauerte der ehemalige estnische Außenminister Trivimi Velliste, daß der Westen noch immer nicht die Rolle seiner Landsleute in der Deutschen Armee begreife. Denn ihr Einsatz sei ein legitimer Akt der Selbstverteidigung gewesen. Deutlicher formulierte der Vorsitzende des Veteranenverbandes, Kaljo West, die Motivation seiner Kameraden: "Wir kämpften nicht für die nationalsozialistische Ideologie, sondern für die Freiheit", so West. Estlands ehemaliger Ministerpräsident Mart Laar schrieb aus Anlaß der Feierlichkeiten in der Tagezeitung SL Öhtuleht, daß die damaligen Kämpfe auch für Finnland von entscheidender Bedeutung gewesen seien. Aber während die Finnen ihre Helden achteten, wollten viele in Estland noch nicht verstehen, daß die Soldaten ebenso für die Freiheit kämpften wie ihre Kameraden in den Jahren 1918 bis 1920.

 

Isländer wollen Energie aus dem Erdinnern

REYKJAVIK. Mit dem "Iceland Deep Drilling Project" (IDDP) wollen die drei größten isländischen Energiekonzerne auf der im Südwesten der Insel gelegenen Halbinsel Reykjanes fünf Kilometer tief bohren, wo Kammern aus flüssigem Magma sehr dicht unter der Oberfläche liegen (New Scientist, 14 August 2004). Durch zahlreiche Spalten dringen dort Regen- und Meerwasser in die Tiefe und treten teilweise erhitzt wieder zutage. Direkt über der Magmakammer, so vermutet Gudmundur Fridleifson, der Leiter des IDDP, befindet sich ein größeres Reservoir von überhitztem, unter hohem Druck stehendem Wasser, sogenanntes überkritisches Wasser. Die Forscher gehen davon aus, daß der Energiegehalt der mit Mineralien und Metallen beladenen Flüssigkeit zehnmal so hoch ist wie der von gewöhnlichem isländischem Wasserdampf. Neben dem ungeheuren Druck, dem die Bohrung standhalten muß, besteht die Gefahr, daß die in der Flüssigkeit enthaltenen Mineralien und Metalle wie Gold, Silber, Kupfer und Zink vorzeitig ausfallen und blitzschnell die Bohrleitung verstopfen.

 

Umstrittenes Denkmal für Ustascha-Minister

AGRAM. Der kroatische Präsident Stipe Mesic hat Pläne eines zentralkroatischen Ortes scharf kritisiert, für ein Mitglied der diktatorischen NDH-Herrschaft unter Ante Pavelic zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs ein Denkmal zu errichten. Es sei in keinem Ort der Welt üblich, Kriegsverbrechern ein Andenken zu schaffen, sagte Mesic letzte Woche in Zagreb (Agram). Kroatische Emigranten in Australien und Kanada planen, im dalmatinischen Ort Sveti Rok ein Monument zu errichten, das an den NDH-Kulturminister Mile Budak erinnern soll, der als Ustascha-Kollaborateur 1945 hingerichtet wurde. Das Denkmal soll Ende August aufgestellt werden. Die Emigranten behaupten, die Gedenkstätte sei Budaks Wirken als Schriftsteller gewidmet. Der stellvertretende Parlamentspräsident, Darko Milinovic (HDZ), betont, daß dieser Teil Kroatiens viel zu lange die Hypothek der unbegründeten Kollektivschuld trage: "Wenn Budak nur Schriftsteller gewesen wäre - und ich habe auch einige seiner Werke gelesen -, hätte niemand etwas gegen die Errichtung eines Denkmals".


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