© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/04 27. August 2004

PRO&CONTRA
Zigarettenautomaten abhängen?
Bruno W. Nikles / Peter Lind

Nach dem am 1. April 2003in Kraft getretenen Jugendschutzgesetz dürfen in der Öffentlichkeit Tabakwaren nicht in Automaten angeboten werden. Dieses Verbot gilt nicht, wenn diese an einem für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren unzugänglichem Ort aufgestellt sind oder durch technische Vorrichtungen oder ständige Aufsicht sichergestellt ist, daß von diesen jungen Menschen keine Tabakwaren entnommen werden können. Auf Betreiben der Tabak- und Automatenindustrie wird das Automatenvertriebsverbot erst am 1. Januar 2007 in Kraft treten.

Man wird gespannt sein, mit welchen technischen Vorrichtungen frei in der Öffentlichkeit aufgestellte Automaten versehen werden und ob die Schutzwirkung tatsächlich erzielt wird. Ich bin skeptisch. Es wäre durchaus des Nachdenkens wert, ob es grundsätzlich nur noch den persönlichen Verkauf von Tabakwaren am oder im Laden geben sollte, um die Abgabe an Kinder und Jugendliche zu unterbinden oder zumindest deutlich einzuschränken. Angesichts der immer weiter liberalisierten Ladenöffnungszeiten wird jedem süchtigen Erwachsenen der Zugang zum Tabak fast zu jeder Tageszeit ermöglicht. Man sollte einmal darüber diskutieren, ob die Aufstellung von Zigarettenautomaten nicht tatsächlich überflüssig ist.

Über Prävention wird in unserer Gesellschaft um so lauter geredet, je weniger in dieser Richtung getan wird. Jede Schulklasse sollte einmal einen Besuch in einer Klinik machen, wo Patienten mit Lungen- oder Kehlkopfkrebs behandelt werden. Das wäre sinnvoller als manche Stunde Biologieunterricht. Aber solange nicht ein verändertes Gesundheitsempfinden Platz greift, Erwachsene das Rauchen unter 16 Jahren in der Öffentlichkeit einfach achselzuckend geschehen lassen, Schulen und andere öffentliche Räume immer noch nicht völlig rauchfreie Zonen sind, werden wir weiterhin gegen Windmühlen kämpfen müssen.

 

Prof. Dr. Bruno W. Nikles ist ehrenamtlicher Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz e.V. und lehrt an der Universität Duisburg-Essen Soziologie und Sozialplanung.

 

 

Zunächst sei daran erinnert, daß Zigarettenautomaten legale Absatzstellen sind, die ausschließlich legale Produkte verkaufen. Wer Zigarettenautomaten abschaffen will, der muß also valide Argumente für einen derart gravierenden Eingriff in die Geschäftsfähigkeit eines anerkannten Berufstandes haben. An erster Stelle wird hier der Schutz der Jugend vor den Gefahren des Rauchens genannt. Angesichts der seit April 2003 bestehenden Gesetzeslage in bezug auf den Verkauf von Tabakwaren erscheint es allerdings müßig, darüber zu streiten, welche spezielle Bedeutung dem Zigarettenautomaten hinsichtlich des Rauchverhaltens Jugendlicher zukommt. Die Abgabe von Tabakwaren an Personen unter 16 Jahren ist untersagt. Dieselbe Auflage gilt für Zigarettenautomaten ab 1. Januar 2007. Mit dieser Übergangsfrist hat der Gesetzgeber der Tatsache Rechnung getragen, daß jeder Automat mit einer aufwendigen Vorrichtung ausgestattet werden muß: Sie muß im Innen- und Außenbereich gleichermaßen technisch funktionssicher sein und darüber hinaus eine vom Gesetzgeber geforderte wirksame Zugangsbeschränkung für Personen unter 16 Jahren sicherstellen.

Mit der Novellierung des Jugendschutzgesetzes im vergangenen Jahr ist somit gleichzeitig Rechts- und Planungssicherheit für die aufstellenden Betriebe geschaffen worden, die mehrere hundert Millionen Euro in die Absicherungstechnik investieren müssen. Der Tabakwaren-Fachgroßhandel, der diese Zigarettenautomaten betreibt, wird den Gesetzesauftrag pünktlich und umfassend erfüllen, wobei es niemals sein Ziel war, Tabakwaren an Jugendliche zu verkaufen. Er hat sich deshalb bereits 1997 in einer freiwilligen Selbstbeschränkungsvereinbarung mit dem Bundesgesundheitsministerium verpflichtet, keine Automaten mehr im näheren Umfeld von Schulen und Jugendzentren zu betreiben. Die Rufe nach dem Gesetzgeber sind in diesem Zusammenhang obsolet, er hat bereits angemessen und zielführend gehandelt.

 

Peter Lind ist Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Tabakwaren-Großhändler und Automatenaufsteller (BDTA).


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